
Dijana Opitz hat sich so richtig reingefuchst. Klinken geputzt eben. „Ich möchte an jeder Haustür klingeln“, sagt sie, als sie nach nur ein paar Stunden Schlaf zum Gespräch in der Redaktion erscheint. Es ist spät geworden am Abend zuvor bei der Trachtenkapelle Obersasbach.
Einen Kasten Bier und ein paar Flaschen Wein hatte sie mitgebracht zur Probe der Kapelle, „und danach saßen wir noch eine Weile“. Der Wahlkampf in Sasbach läuft auf Hochtouren, und da braucht man Stehvermögen.
Wahlkampf in Sasbach kostet Zeit und Geld
Zu Vereinen gehen, bei den Menschen zu Hause klingeln, tagelang unterwegs von Haustür zu Haustür – ist das nicht enorm anstrengend? „Für mich ist der Dialog wichtig als Medienfrau, ich spreche sehr gerne mit den Menschen“, sagt Opitz. Bisher ist sie Redaktionsleiterin einer Burda-Medizinredaktion, für den Wahlkampf hat sie sich seit ihrer Bewerbung im Januar freigenommen – unbezahlt, als der Urlaub weg war.
Und für den angesichts von sieben Kandidaten nicht ganz unwahrscheinlichen Fall, dass es zu einem zweiten Wahlgang kommt? „Dann nehme ich mir noch einmal Urlaub, natürlich wieder unbezahlt.“ So ein Wahlkampf, der kostet nicht nur Kraft, er kostet auch viel Geld.
Die Bürger werden es schon richtig machen.Dijana Opitz, Bürgermeisterkandidatin
Dijana Opitz ist keine Frau schneller Worte. Bevor sie antwortet, hält sie inne, denkt kurz nach, um die üblichen Politikerphrasen macht sie einen Bogen wo es geht. Wer gewinnt? Sieben Bewerberinnen und Bewerber, eine Gegenkandidatin, die dieselbe Strategie verfolgt wie sie selbst, Klinkenputzen, mit den Menschen reden, sie ernst nehmen.
Die Antwort ist vielleicht nicht die politisch klügste, aber authentisch: „Wer die Nase vorn hat, das kann man nicht beeinflussen.“ Dem einen sei Kandidat A sympathischer, dem anderen Bewerberin B oder C. Es zähle das Gesamtpaket, Kompetenz und persönliche Sympathie, sagt sie, und dann diesen Satz: „Die Bürger werden es schon richtig machen.“
Damit richtet sich der Blick vor allem auf Mitbewerberin Sanja Tömmes. Dass sich gleich zwei Frauen um ein Bürgermeisteramt bewerben, das ist nicht alltäglich. Dass beide aus Kroatien stammen, ist nicht wirklich wichtig im Wahlkampf, aber eine interessante Fußnote. „Wir haben eine ähnliche Vita“, sagt Opitz, „wie auch immer, es kommt südländisches Flair ins Sasbacher Rathaus.“
An diesem Dienstag will Dijana Opitz ihr „Bürgerprogramm“ vorstellen, das den Bogen von der Förderung der Wirtschaft („das ist Chefsache“) und dem Fremdenverkehr über die Herausforderungen und Folgen der Migration spannt bis zu Kunst und Kultur. Sasbach soll attraktiver werden für Gäste, sagt sie. Ausstellungen, Wanderungen zu historischen Stätten im Ort und das Toni-Merz-Museum stehen hier auf der Agenda.
Dazu kommen die Themen Jugend und vor allem die Senioren. Auch dies hat Dijana Opitz mitgebracht vom Klinkenputzen: „Nicht selten klingle ich an großen Häusern mit einer einsamen älteren Person darin. Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt“, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Kindern.
Sasbacher Menschen wollen wahrgenommen werden
Genau hinzuhören, das fördert auch zutage, was die Menschen in Sasbach umtreibt. Wie die Frage, wie wahrgenommen sie sich von der Kommunalpolitik fühlen. Und da gibt es nicht nur gute Noten: „Ganz oft ist das Thema für die Menschen, wieder gehört zu werden, dass man sich wertgeschätzt fühlt, die Vertrauensbildung zwischen Bürgern und politischen Entscheidern.“
Und dann sind da die Probleme der Vereine, die kleinen wie der fehlende Versammlungsraum und die großen, besonders die Sorge, dass es den einen oder anderen Verein bald nicht mehr geben könnte.
Oder, ganz schlicht, der wachsende Verkehrsdruck in Sasbach: „Das ist nicht das vordergründigste Problem, aber eines, das auf jeden Fall von der neuen Bürgermeisterin Opitz behandelt werden wird.“
In einem, kurzen Satz: Warum wollen Sie Bürgermeisterin werden?
OpitzWeil Sasbach und ich gut zusammenpassen und mir die Menschen sehr wichtig sind.
Wissen Sie, was da auf Sie zukommt?
OpitzDas weiß ich von Tag zu Tag besser.
Das ist oft eine 80-Stunden-Woche. Kann man sein Geld nicht einfacher verdienen?
OpitzBisher habe ich mein Geld auch nicht viel einfacher verdient, ich arbeite rund um die Uhr.
Was sagt die Familie zu der Idee?
OpitzDie unterstützen mich alle und auch mein Freundeskreis.
Ein spannender Fakt über Sasbach bitte, den wir noch nicht kennen.
OpitzHinter dem Kühnerhof war früher ein Naturbecken. In dem haben viele Sasbacher schwimmen gelernt.
Worüber haben Sie im Wahlkampf lachen müssen?
OpitzEigentlich immer darüber, wie viele Menschen mich zu sich einladen – auf einen Kaffee oder sogar zum Mittagessen.
Was ist Ihnen in den vergangenen Wochen aufgefallen, das Sie sofort ändern werden?
OpitzDie Einsamkeit der älteren Menschen ist mir sehr nahe gegangen. Hier denke ich an eine Nachbarschaftshilfe und ein Seniorentelefon.
Der sympathischste Wesenszug der Sasbacher?
OpitzHerzlich, authentisch, bodenständig, richtige Schaffer.
Wo waren Sie zuletzt im Urlaub?
OpitzIn Israel.
Und wo wollen Sie unbedingt noch einmal hin?
OpitzNach Israel.
Was packen Sie als Lektüre ein?
OpitzEin Buch über Kellerwirtschaft, ich will unbedingt mehr über den Ausbau von Wein lernen.
Oder lieber Streaming? Geben Sie unseren Lesern einen Tipp.
OpitzAls ich noch Zeit hatte, Greys Anatomy.
Kurz gefragt, kurz geantwortet
Sekt oder Sprudel?
Eigentlich Sprudel
Oper oder Rockkonzert?
Oper natürlich
Sonne oder Schnee?
Sonne
Familie oder Freundeskreis?
Eigentlich beides
Windenergie oder Auerhuhn?
Windenergie
Schnitzel oder Tofu?
Tofu, ich bin Vegetarierin
Selbst gekocht oder Fast Food?
Selbst gekocht
Sport oder Sofa?
Erst Sport, dann Sofa