Skip to main content

Ausstrahlung im Ersten

PFC-Problematik: Was der Hollywood-Film „Vergiftete Wahrheit“ und Mittelbaden gemeinsam haben

Wenn man den Film „Vergiftete Wahrheit“ anschaut, wird man wohl nicht unbedingt einen Zusammenhang mit dem PFC-Skandal in Mittelbaden sehen. Aber PFC sind überall und so beschreibt der Film den Beginn eines mittlerweile globalen Umweltskandals.

Bilott (Mark Ruffalo, rechts ) und seine Frau (Anne Hathaway) befinden sich auf einem gesellschaftlichen Aufstiegskurs in einer Szene aus „Vergiftete Wahrheit“ (undatiert).
Robert Bilott (Mark Ruffalo, rechts) und seine Frau Sarah Barlage Bilott (Anne Hathaway) befinden sich auf gesellschaftlichem Aufstiegskurs in „Vergiftete Wahrheit“. Foto: --- picture alliance/dpa/ARD Degeto/2019 Focus Features LLC and Storyteller Distribution Co., LLC.

Das US-amerikanische Städtchen Parkersburg und Mittelbaden haben etwas gemeinsam: einen PFC-Skandal. Die Verseuchung mit per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) ist nicht nur ein Problem in der Region.

„Die PFC sind ja nicht vom Himmel gefallen“, sagte der ehemalige Rastatter Stadtrat Gunter Kaufmann bereits vor Jahren. Und damit liegt er richtig: Der Siegeszug der fluorierten Chemikalien, die Sachen wasser-, fett- und schmutzabweisend machen, begann schon in den 1940er Jahren in Amerika.

Firma beginnt 1947 mit der Massenproduktion von Perfluoroctansäure

1947 beginnt die Firma 3M mit der Massenproduktion von Perfluoroctansäure (PFOA), einem der bekanntesten Vertreter der PFC, die heute als PFAS bezeichnet werden. Ab 1951 verwendet der Chemiegigant Dupont PFOA zur Herstellung von Teflon und pumpt in den folgenden Jahrzehnten große Mengen der Chemikalie in den nahegelegenen Fluss. Dadurch werden Grund- und Trinkwasser der Region verseucht, Menschen und Tiere krank.

Dabei hatten bereits 1978 Untersuchungen von 3M ergeben, dass PFOA und PFOS (ein weiteres PFC) sich in Tierversuchen als giftig erwiesen haben, diese Ergebnisse wurden der US-Umweltschutzbehörde aber erst im Jahr 2000 mitgeteilt.

Bereits 1981 fand man PFC im Nabelschnurblut und stellte fest, dass PFC so auch auf Säuglinge übertragen wurde. Auch diese Information wurde erst 20 Jahre später veröffentlicht. Heute schätzen die Fachleute, dass die gesundheitsschädlichen Chemikalien mittlerweile im Blut aller Menschen vorhanden sind.

Der Film „Vergiftete Wahrheit“ beschreibt den Kampf des Anwalts Robert Billot gegen Dupont, der 1998 in Cincinnati, Ohio begann. Im Jahr 2001 reichte Bilott im Namen von 70.000 Menschen eine Sammelklage gegen Dupont ein.

Mark Ruffalo als Robert Bilott in einer Szene des Films "Vergiftete Wahrheit" (undatierte Filmszene).
Robert Billot wird im Film von Mark Ruffalo dargestellt, der dadurch zum PFAS-Aktivisten wurde und heute fordert, dass man die Unternehmen zur Verantwortung zieht. Foto: Mary Cybulski/picture alliance/dpa/TOBIS Film GmbH

Im Jahr 2004 einigte sich Dupont auf eine Entschädigung von mehr als 300 Millionen Dollar. Die Gerichtsverfahren in ähnlichen Fällen dauern noch an.

Schauspieler Mark Ruffalo wird durch „Vergiftete Wahrheit“ zum PFAS-Aktivisten

Billot wird im Film von Mark Ruffalo dargestellt, der dadurch zum PFAS-Aktivisten wurde und heute fordert, dass man die Unternehmen zur Verantwortung zieht. „Wir wissen, dass PFAS-Chemikalien mit schweren Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht wurden. Wir müssen die Freisetzung von PFAS beenden, PFAS in Lebensmittelverpackungen verbieten und PFAS aus unserem Trinkwasser herausfiltern“, wird der Schauspieler von der Umweltschutzorganisation Chemsec auf deren Homepage zitiert.

Mark Ruffalo als Robert Bilott in einer Szene des Films „Vergiftete Wahrheit“ (undatierte Filmszene).
Auch im echten Leben und nicht nur wie hier in „Vergiftete Wahrheit“ engagiert sich Mark Ruffalo gegen PFAS. Foto: Mary Cybulski/picture alliance/dpa/TOBIS Film GmbH

Das kommt einem in Mittelbaden bekannt vor, denn auch dort gibt es eine Belastung von Boden und Wasser mit diversen PFC und auch dort finden sich die Chemikalien PFOA und weitere PFC im Blut der Bevölkerung, wie die Untersuchungen der Bürgerinitiative „Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim“ sowie die sich anschließenden Untersuchungen des Sozialministeriums gezeigt haben. Über die gesundheitlichen Folgen lassen sich keine Rückschlüsse ziehen.

In Mittelbaden wurde bisher niemand für den PFC-Skandal zur Rechenschaft gezogen

Auch in Mittelbaden sind es Unternehmen, die wahrscheinlich für die Belastung der Region verantwortlich sind, die aber, anders als im Film, bislang nicht zur Rechenschaft gezogen werden. 14 Papierfirmen lieferten vor rund 20 Jahren mutmaßlich PFC-belastete Papierschlämme an einen regionalen Komposthändler, wodurch die Chemikalien wohl auf den Äckern landeten. Der Komposthändler bestreitet, dass er für die Belastung verantwortlich ist, die juristische Auseinandersetzung dauert an, und die Papierfirmen treten nicht in Erscheinung.

Die fluorierten Chemikalien sind nicht nur in Mittelbaden in den Böden und im Wasser, sondern man findet die Stoffe weltweit in vielen Produkten, von der Teflonpfanne bis zum Sonnensegel, ohne dass es deklariert wird. Das ist in Mittelbaden nicht anders als in Parkersburg.

nach oben Zurück zum Seitenanfang