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Literarische Zeitreise

In den Regalen der Landeskirchlichen Bibliothek in Karlsruhe schlummern viele Schätze

Viel zu bieten hat die Landeskirchliche Bibliothek in Karlsruhe. Neben einer der größten Gesangbuchsammlungen der Welt finden sich dort noch weitere historische Werke.

Eine Zeitreise: In der Landeskirchlichen Bibliothek in Karlsruhe finden sich zahlreiche Gesangsbücher aus verschiedenen Epochen. Randolf Fieß berichtet, dass vor allem Pfarrer und Studenten vor Ort recherchieren.
In der Landeskirchlichen Bibliothek in Karlsruhe finden sich zahlreiche Gesangsbücher aus verschiedenen Epochen. Randolf Fieß berichtet, dass vor allem Pfarrer und Studenten vor Ort recherchieren. Foto: Uli Deck

Es ist eigentlich ein ganz normales Gesangbuch. Nur der Umschlag fällt ein bisschen aus dem Rahmen: Gestaltet wie eine Handtasche, mit Henkel, Reißverschluss und einer kleinen Extratasche für das „Opfer“, die Spende der Gläubigen an die Kirche. So war die evangelische Hausfrau für den Kirchgang gut gerüstet.

Auch wenn das skurril anmutet: Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war es vor allem unter evangelischen Gläubigen im Ländle nicht unüblich, dass nur der Buchblock gekauft und dann mit einem persönlichen Einband versehen wurde – manchmal sogar mit anderen Büchern zusammen, dem Gebetbuch und einem Katechismus.

In ländlichen Gemeinden waren es neben einem Kalenderbuch oft die einzigen Bücher, die es in einem Haushalt gab und sind damit eine wunderbare kultur- und mentalitätsgeschichtliche Quelle.

Etwa 5.500 Gesangbücher aus aller Welt besitzt die Bibliothek der Evangelischen Landeskirche und hat damit eine der fünf größten Sammlungen in Deutschland und damit der Welt. Darunter findet sich neben diesem Handtaschenbuch ein Buch mit Metallbeschlägen von 1868, ein „Scottish Psalter and Church Hymnary“ von 1789, ein Freimaurergesangbuch von 1753, „Die Harpfe Des Gottsäligen Königs und Propheten Davids. Auß Der Hebreischen Grund- in der Hochdeutschen Muttersprache“ von 1701 oder eine japanische Ausgabe mit dem Titel „Mikotoba o utau: kaikaku kyōkai reihai kashū“.

Bibliothek mit geschwungener Empore und großem Bestand

Diesen Reichtum merkt man allerdings nicht, wenn man die schön gestaltete Bibliothek mit ihrer hölzernen, geschwungenen Empore betritt, denn die meisten Bücher müssen aus Platzgründen im Archiv gelagert werden: Vor allem Nachschlagewerke, Zeitschriften und die neuesten Bücher sind hier zu finden, chronologisch eingestellt.

Erstaunliche 130.000 Titel sind im Bestand, vor allem natürlich theologische Literatur und Bibelausgaben, dazu kommen die Nebengebiete, die für die Wissenschaft und die Praxis der Pfarrer wichtig sind: Musik und Kunstgeschichte, Pädagogik, Psychologie und Philosophie, Kirchenrecht und -geschichte, Judentum und Islam und Kirchenarchitektur.

Dementsprechend frequentieren neben den Wissenschaftlern vor allem Pfarrer und Studenten die Präsenzbibliothek, auch aus Heidelberg und von der hiesigen Pädagogischen Hochschule. „Bei den Pfarrern sind es vor allem junge, die sich auf ihren Beruf vorbereiten, oder pensionierte, die nach dem Pfarrdienst wieder Zeit haben zu studieren“, erzählt Bibliothekar Randolf Fieß.

„An einem Spitzentag kommen schon mal 10 bis 15 Nutzer, wir verschicken aber auch Bücher, die wir doppelt haben, oder machen einzelne Scans.“ Vor allem wird nach praktischer Theologie, Predigtliteratur und Kirchengeschichte gefragt, sodass Fieß mit einem sehr kleinen Etat vor allem Liturgische Literatur einkauft, Bücher über Jesus und Paulus, über den Ablassstreit oder das Neue Testament: „Das Alte Testament ist für unsere Klientel nicht so interessant, da kaufen wir eher neuere Gesamtüberblicke.“

Werke der Landeskirchlichen Bibliothek stammt auch aus Schenkungen

Dazu kommen regelmäßig Nachlässe und Schenkungen von Privatpersonen oder wenn Pfarrbüchereien aufgelöst werden oder Pfarrer in Rente gehen. Außerdem Festschriften von Kirchen oder Belegexemplare, wenn die Landeskirche zu Publikationen Druckkostenzuschüsse gewährt hat.

Zwei große, historische Büchersammlungen stechen dabei heraus: Aloys Henhöfer, geboren 1789 in Völkersbach bei Ettlingen, gestorben 1862 in Spöck, war ein einst berühmter Theologe der Erweckungsbewegung, dessen Pfarrbibliothek die Landeskirche bekommen hat, darunter eine deutsch-hebräisch-griechische Konkordanzbibel von 1705. Ebenso der theologische Teil der Lyceumsbibliothek des Gymnasium illustre in Karlsruhe, an der unter anderem Johann Peter Hebel erst Schüler, dann Lehrer war – die anderen Teile gingen an die Landesbibliothek.

Auch Ausstellungen werden von der Landeskirchlichen Bibliothek organisiert oder bestückt, im eigenen Treppenhaus haben sie einmal besondere und besonders schöne Gesangbücher gezeigt. Und mit der Landesbibliothek verbindet sie eine gute, kontinuierliche Zusammenarbeit, unter anderem zum Lutherjahr, und im Moment hat sich die Bibliothek an der Ausstellung über die 200-jährige Geschichte der Landeskirche beteiligt, die im Generallandesarchiv zu sehen ist.

Zur Serie



Fast 20 Bibliotheken hat Karlsruhe, nicht nur die Stadtbücherei und die Landesbibliothek. Fast alle sind öffentlich zugänglich, einige haben Fachliteratur, manche hüten exquisite Schätze oder ausgefallene Literatur. Es gibt Bibliotheken mit Präsenzbestand, bei anderen kann man ganz normal ausleihen. Eine lose Reihe stellt einige dieser Bibliotheken vor.

Mehr Informationen zur Landeskirchlichen Bibliothek: www.ekiba.de/service/bibliotheken-und-archiv/landeskirchliche-bibliothek

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