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Neujahrsempfang in Niefern

Lindner befeuert FDP-Landeswahlkampf mit Kritik an Corona-Politik

Beim Neujahrsempfang in Niefern-Öschelbronn kritisierte der Parteichef der Liberalen die Bundesregierung und forderte eine „Neugründung der Sozialen Marktwirtschaft“. Derweil bekräftigte der Spitzenkandidat für den Landtag Rülke seine Ministerambitionen.

Im Wahlkampfmodus: Christian Lindner schwor die FDP Pforzheim/Enzkreis auf die Wochen vor der Landtagswahl im März ein.
Im Wahlkampfmodus: Christian Lindner schwor die FDP Pforzheim/Enzkreis auf die Wochen vor der Landtagswahl im März ein. Foto: Sebastian Kapp

Prominente Verstärkung haben sich die beiden FDP-Landtagsabgeordneten aus Pforzheim und Enzkreis, Hans-Ulrich Rülke und Erik Schweickert, für den Wahlkampf am Samstag in die Kirnbachhalle in Niefern geholt.

Bundesparteichef Christian Lindner kam eigens in den Enzkreis zum Neujahrsempfang, der in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie in einem außergewöhnlichen Rahmen stattfand - bis auf die Presse und einige Techniker war die Öffentlichkeit nämlich an die Bildschirme verbannt, die Veranstaltung wurde im Internet gestreamt.

Das hielt Hauptredner Lindner allerdings nicht davon ab, rhetorisch in die Vollen zu gehen. Er zeichnete das Bild eines Landes, das sich durch die Corona-Krise immer weiter von der sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie entferne. Die, so Lindner, müsse man „neugründen“.

Lindner sieht in Biontech-Gründern „Inspiration“

Dabei arbeitete sich Lindner an der Geschichte der Biontech-Gründer ab, deren Impfstoff derzeit um die Welt geht. „Eine großartige Erfolgsgeschichte“ sei das, aber eben nicht stellvertretend für Deutschland 2021. „Es sollte für uns Inspiration sein. Nichts hindert uns daran, so zu werden!“

Lindner attestierte etwa den Grünen eine gewisse Technologiefeindlichkeit. Zudem sei es überhaupt nicht selbstverständlich, in Deutschland eine Firma zu gründen. Wer Erfolg habe, der ziehe Neid auf sich, wer ihn nicht hat, dem schlage Häme ins Gesicht. Hier müsse sich die Mentalität im Land ändern, nebst einiger bürokratischer Hürden.

Dass die Biontech-Gründer trotz ihres Migrationshintergrundes Erfolg haben, sei ebenso wenig beispielhaft. Lindner forderte, das Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft zu erneuern - und geißelte dabei die Aufgabe des viergliedrigen Schulsystems in Baden-Württemberg und den Schulföderalismus allgemein.

Zudem wiederholte er seine Forderung nach einem Einwanderungsrecht. „Unkontrollierte Einwanderung geht, kontrollierte erschweren wir. Umgekehrt wäre besser!“ Schließlich sprach Lindner auch die Rolle der Frau in der modernen Gesellschaft an, die trotz des Biontech-Beispiels Özlem Tereci noch vielfach festgefahren sei. „Viele Frauen können ihre Talente nicht so entfalten, wie sie es wollen“, klagt Lindner.

Lindner warnt vor Pleitewelle

Auch die gegenwärtige Corona-Politik geißelte Lindner. Er warnte etwa davor, für Geimpfte die Beschränkungen nicht aufzuheben. Das sei „nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Verfassungsjustiz“. Es müsse vielmehr darum gehen, auch Nicht-Geimpften bald den Zugang zum sozialen Leben zu ermöglichen und auch der Wirtschaft klare Anhaltspunkte zu geben, was für eine Wiedereröffnung nötig sei.

Viele Maßnahmen, so Lindner, seien nötig gewesen. Aber: „Setzen wir diese Politik noch lange so fort, dann wird aus der Infektionswelle eine Pleitewelle, dann erkennen wir unsere Innenstädte nicht mehr wieder.“ Lindner kritisierte die knappe Produktion des Impfstoffs. „Er ist in Deutschland entwickelt worden, aber andere impfen deutlich schneller.“ Selbst in Europa liege Deutschland nur auf Platz zehn.

Außenpolitisch forderte er aufgrund des Vorgehens der Putin-Regierung in Russland gegen die Pro-Nawalny-Proteste die Einberufung des russischen Botschafters und eine Überdenkung des Nord-Stream-2-Projekts, wenngleich er dies grundsätzlich befürworte. Außerdem forderte Lindner eine engere Bindung an die USA und an die demokratischen Staaten Asiens. Zudem sprach er über Sozialversicherung und Steuererleichterungen, etwa die Aufhebung des Soli.

Rülke bekennt sich zu Ministeranspruch

Gastgeber und Landtagsfraktionsvorsitzender Hans-Ulrich Rülke zeigte sich ebenfalls kampflustig und bewarb sich für einen Ministerposten, sollte die FDP in Regierungsverantwortung gewählt werden. „Natürlich werde ich mich als Spitzenkandidat dieser Verantwortung nicht entziehen“, erklärte er. Vor allem nahm er sich Landes-Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) zur Brust.

Dass Baden-Württemberg auf Platz 16 aller Bundesländer bei der Impfquote liege, zeige dessen Versagen. „Er ist das Tasmania Berlin des Impfens“, sagt Rülke in Anspielung auf die schlechteste jemals gespielte Bundesligasaison eines Fußballvereins. Rülke setzte zudem Schwerpunkte bei der Digitalisierung, wo wesentlich mehr geschehen müsse, und bei der Automobilwirtschaft, wo eine Massenarbeitslosigkeit drohe, sollte man sich vom Verbrennungsmotor verabschieden - anstatt umweltfreundlichere Anwendungen in Betracht zu ziehen.

Schweickert fordert größeren A8-Tunnel

Der Nieferner Co-Gastgeber Erik Schweickert setzte den Fokus seiner Rede auf die Verkehrspolitik, gerade auch im Enzkreis mit den Problemen bei Bus, Bahn und A8. Er wiederholte seine Forderung nach dem Ausbau des geplanten Tunnels an der Enztalquerung von 400 auf 800 Meter.

„Ich werde bis zuletzt dafür kämpfen“, stellt er klar. Pforzheims Kreisvorsitzender Rainer Semet, zugleich Bundestagskandidat, begnügte sich in seiner Rede vor allem auf die Themen Automobil und Bildung. Es müsse darum gehen, die Schüler bald wieder aus dem Fernunterricht zu bekommen.

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