Mehrheit ist Mehrheit, das machte schon Konrad Adenauer klar, der 1949 bei seiner Wahl zum ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland denkbar knapp und nur mit seiner eigenen Stimme erfolgreich war.
Mehrheit ist Mehrheit, so hieß es am Dienstagabend auch im provisorischen Ratssaal im Pforzheimer Kongresszentrum. Dort war es beim seit Jahren geplanten Projekt Innenstadtentwicklung-Ost, kurz City-Ost, noch einmal richtig spannend geworden. Zwar war das 100-Millionen-Investitionsvorhaben vom Gemeinderat schon mehrfach und schrittweise befürwortet worden. Doch ohne einen Bebauungsplan wäre dies alles Makulatur gewesen.
Und so hatte Hans-Ulrich Rülke, seit Jahren der prominenteste und hartnäckigste City-Ost-Gegner, noch einmal die Gelegenheit, für seine Sache zu werben. Als Chef der Großfraktion FDP/FW/UB/LED durfte er sogar als erstes sprechen, allein es reichte nicht mehr.
Auf Antrag der CDU-Fraktionsvorsitzenden Marianne Engeser wurde nach dem Austausch der altbekannten Argumente namentlich abgestimmt. Mit Ja stimmten in namentlicher Abstimmung 22 und 19 Nein-Stimmen. „Wir haben somit ein Ja für die Innenstadt-Ost”, sagte OB Boch. Rülke nahm das Ergebnis regungslos zur Kenntnis.
Oberbürgermeister Peter Boch fiel sichtlich ein Stein vom Herzen. Ein Sprecher der Stadtverwaltung Pforzheim hatte schon im Vorfeld klargestellt: „Der Bebauungsplan aber ist die Grundlage für eine Baugenehmigung. Ohne B-Plan kann also nicht gebaut werden. Für den Fall, dass der B-Plan endgültig nicht zustande kommen sollte, ist von einem Ende des Projekts auszugehen, das Projekt wäre damit de facto gescheitert.”
Stadt warnte vor finanziellen Risiken für Pforzheim
Deshalb konzentrierten sich die City-Ost-Gegner um Hans-Ulrich Rülke (FDP) seit Wochen auf diese letzte verbliebene Möglichkeit, nachdem ihre juristischen Bemühungen zu einer krachenden Niederlage vor Gericht geführt hatten.
Ein Sieg der City-Ost-Gegner hätten laut Stadt wegen der bisherigen Verträge mit dem Investor Ten Brinke unkalkulierbare finanzielle Risiken zur Folge gehabt. „Inwieweit und in welcher Höhe für Ten Brinke daraus Schadensersatzansprüche entstünden, wäre gerichtlich zu prüfen beziehungsweise zu klären.” Es könne sein, dass ein Gericht dem Investor Schadensersatz zuspricht, „da der Investor im Vertrauen auf den Beschluss des Gemeinderats zum Zuschlagsentscheid und den anschließenden Vertragsschluss intensiv am Projekt gearbeitet habe”.
Aus Sicht der Verwaltung müsste im Falle eines Scheiterns unverzüglich in die Sanierung des Technischen Rathauses eingestiegen werden. „Der Zustand des Gebäudes lässt einen dauerhaften Betrieb definitiv nicht mehr zu”, so der Ratssprecher.
Die Sanierungskosten des Technischen Rathauses mit allen Folge- und Unterbringungskosten belaufen sich laut Stadt auf 23 Millionen Euro. „Wobei mit dieser Sanierung lediglich ein niedriger bis mittlerer Standard erreicht werden würde”, so der Sprecher weiter.
Rathaus rechnete mit Mehrheit für City-Ost
Allerdings rechnete man im Rathaus mit einer Mehrheit für die City-Ost. Vor der Sitzung hieß es: „Wir gehen davon aus, dass das Lösungskonzept des Wettbewerblichen Dialogs umgesetzt wird und der Gemeinderat das Ergebnis der Vorberatung zum Bebauungsplan umkehrt.”
„Die Pforzheimer Bürgerschaft möchte das Projekt nämlich mehrheitlich nicht”, hatte die FDP/FW/UB/LED-Fraktion bis zuletzt behauptet, die im Falle des Scheiterns einen eigenen Vorschlag für eine günstigere Lösung ankündigte, die das Technische Rathaus erhalte und den Schlossberg befahrbar lasse.