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Ob Hochwasser oder Krieg

Fastnachter aus dem Enzkreis erinnern sich: Rückschläge gab es auch schon vor Corona

So wenig Fastnacht war noch nie. Doch die Älteren im Enzkreis erinnern sich: Schon früher mussten Umzüge abgesagt werden – sei es wegen Naturkatastrophen oder gar wegen eines Krieges.

Prinzenpaar der abgesagten Kampagne 1990/91
Mussten sich damals ein ganzes Jahr gedulden: das Prinzenpaar der wegen des Golfkriegs abgesagten Kampagne 1990/91 Foto: Hans Heinz Mocker.

Das Coronavirus verschont nichts und niemanden, legt konsequent das öffentliche Leben lahm. Lange hatten die Narren und Fastnachtsvereine gehofft, doch spätestens nach den Absagen der Prunksitzungen im vergangenen November war klar: Die närrische Session muss warten, mindestens ein Jahr.

In der Fastnachtshochburg Ersingen bei der dortigen Karnevalsgesellschaft „Fledermaus“ wird es also keine Sitzungen geben, keine Maskenbälle, keine Schul- und Rathausstürmungen, keine Umzüge und auch keine Traditionen wie das Scheibenschlagen.

Lediglich die Oberhexe darf sich freuen, sie entgeht am Fastnacht-Dienstag ihrem Schicksal der Verbrennung. Trotzdem ist die Fastnacht allgegenwärtig.

Fastnachter lassen sich die Freude nicht ganz verderben

An vielen Schaufenstern haben die fleißigen Helfer Bildergalerien verschiedener Epochen installiert, als Blickfang für die vielen Spaziergänger.

Der Internetauftritt der „Fledermaus“ ist gespickt mit zahlreichen Höhepunkten aus Prunksitzungen oder Umzügen vergangener Tage, man hat aus der Not eine Tugend gemacht. Zudem blinken im ganzen Ort überdimensionale Fledermäuse, hinter Türen und Fenstern lauern Hexen.

Einen Komplettausfall der Fastnacht hat es noch nie gegeben.
Drei Urgsteine der Ersinger Fastnacht

Auch an ein Prinzenpaar hat man gedacht. An der Ortseinfahrt Vaihenwiesenstraße begrüßte ein solches aus Strohballen die Ersinger Besucher. Prinz Heubert und seine Lieblichkeit Prinzessin Strohlinde haben dem kräftigen Sturm aber nicht standgehalten und mussten aus Sicherheitsgründen ihren Platz wieder räumen.

Was geblieben ist, ist der närrische Orden, der eine Fledermaus auf dem Kopf stehend zeigt und sinnbildlich die unwirkliche Situation darstellen soll.

„Einen Komplettausfall der Fastnacht hat es noch nie gegeben“, stellen die Urgesteine und Träger des Goldenen Löwen, Ewald Reiling, Bernfried Schuster und Hans Steiner fest.

Hochwasser und Golfkrieg führten zu Absagen

Aber es mussten schon Einbußen gemacht werden: Der Fastnachtsumzug 1962 musste wegen der Hochwasserkatastrophe in Hamburg ausfallen, wesentlich schlimmer traf den Verein dann die Absage in der Kampagne 1990/91 wegen des Golfkrieges im Irak.

Martin Grimm kann sich daran noch gut erinnern. Der damalige Präsident Kurt Wickenhäuser hatte ihm und seiner Prinzessin Gaby Vögele (heute Rapp) am „Elften im Elften“ 1990 die Insignien zur Regentschaft überreicht.

Bei den Prunksitzungen im Januar 1991 waren sie noch Herrscherpaar über die Ersinger Narren, doch nach der darauffolgenden Kinderprunksitzung beschloss der Verein, die Fastnacht zu beenden.

„Das war ein harter Schlag für uns, wir hatten uns so sehr auf eine schöne Kampagne gefreut“, so Grimm, der zusammen mit seiner Prinzessin Gaby dann in der kommenden Saison aber noch einmal den Thron besteigen durfte.

Wie verbringen Narren die fastnachtslose Zeit?

Offensichtlich hat ihn dieses und sicherlich noch so manches andere Ereignis so sehr mit dem Verein verbunden, dass er 22 Jahre als Vize-Präsident fungierte und auch Träger des Goldenen Löwen wurde.

Wie man die fastnachtlose Zeit ein wenig auffüllen könnte, darüber macht sich Ewald Reiling seine Gedanken. „Viele Möglichkeiten wird es nicht geben“, stellt er allerdings ernüchtert fest.

„Ich werde mir meine CD anschauen, die mir Harald Brenk zu meinem 90. Geburtstag geschenkt hat“. Die sieht er sich fast jeden Tag an, denn darauf sind die größten Erfolge seiner „Kämpfelbachspatzen“ verewigt. Seine Frau Anneliese wird ihm Gesellschaft leisten, mit der er kürzlich die Gnadenhochzeit feierte (70 Jahre).

An eine Aktion wie am Fastnachts-Sonntag 1991 ist freilich nicht zu denken. Damals wanderten zahlreiche Ersinger Narren zur Einkehr ins „Rössle“ nach Dietlingen.

Die Heimkehr gestaltete sich dann als schwierig, denn durch den frischen Schnee hatten so manche Standschwierigkeiten, so dass Udo Brenk (Sohn des Ehrenpräsidenten Egon Brenk) die komplette Gesellschaft als Taxidienst mit einigen Fahrten zurück bringen musste.

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