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Tod beim Mähen

Rehkitzrettung mit der Drohne: Das fliegende Auge sieht in den Kieselbronner Feldern alles

Mit Drohneneinsätzen wird in Kieselbronn nach Rehkitzen gesucht. Landwirte melden sich, bevor sie Felder ernten. Das hat einen ernsten Hintergrund.

Drohnenpilot Thomas Kälber (links) zeigt Landwirt Uwe Wolf, wie die Drohne gesteuert wird. Den großen Bildschirm hat er nur zu Anschauungszwecken mitgebracht.
Drohnenpilot Thomas Kälber (links) zeigt Landwirt Uwe Wolf, wie die Drohne gesteuert wird. Den großen Bildschirm hat er nur zu Anschauungszwecken mitgebracht. Foto: Nico Roller

Während der Tag beginnt, die Sonne am dunkelblauen Himmel hinter dem Horizont auftaucht und die Felder in ein warmes, orangefarbene Licht taucht, gleitet in mehr als 50 Metern Höhe surrend eine Drohne durch die Lüfte am Ortsrand von Kieselbronn in Richtung Enzberg. 

Sie wiegt rund 3,8 Kilogramm, ist mit einer Weitwinkel- und einer Wärmebildkamera ausgestattet und kann Rehkitze sehen, die sich im hohen Gras verstecken. 

Drohne zur Rehkitz-Rettung ist derzeit fast täglich im Einsatz

Voriges Jahr ist eines von ihnen auf einem Feld nahe Kieselbronn totgemäht worden. Ein Vorfall, der in der Region für Schlagzeilen und Betroffenheit gesorgt hat. Um Derartiges künftig zu verhindern, heben in der Region aktuell fast täglich mit spezieller Kameratechnik ausgestattete Drohnen ab. „Das Fliegen an sich ist einfach“, sagt Drohnenpilot Thomas Kälber: „Das Erkennen ist bei der Kitzsuche die Herausforderung.“ 

Kälber hat viel Erfahrung und weiß genau, worauf er achten muss. Er ist Vorsitzender der BRH Rettungshundestaffel Nördlicher Schwarzwald und hat vor allem in der warmen Jahreszeit gut zu tun. Er schätzt, dass er für die Rehkitzrettung pro Saison 15 bis 20 Flugtage absolviert. Wann er im Einsatz ist, hängt immer vom Wetter ab. In Kieselbronn ist es am Mittwoch ideal. 

Kieselbronner Landwirte melden sich und sagen, wo sie mähen

Landwirte aus dem Ort haben sich bei Kälber gemeldet und ihn gebeten, vor dem Mähen ihre Felder zu überfliegen. Weil das Gebiet groß ist, lässt Kälber die Drohne an mehreren Stellen abheben. An der ersten entdeckt er nichts – mit Ausnahme eines ausgewachsenen Rehs, das auf dem Weg Richtung Waldrand ist. 

Aber an der zweiten Stelle wird Kälber fündig: Ein Rehkitz liegt auf einer Wiese, die später gemäht werden soll. Um es zu schützen, wird ein Korb vorbereitet, der über das Tier kommt, bis der Mähdrescher durch ist. In die Höhe ragende Fahnen sorgen dafür, dass der Landwirt die Stelle auch vom Traktor aus erkennt und umfahren kann. 

Wird ein Rehkitz gefunden, ziehen die Helfer los

„Diese Vorgehensweise bedeutet für das Kitz am wenigsten Stress“, erklärt Kälber, der einem Suchtrupp über Funk durchgibt, wo genau sich das Tier befindet. Denn vom Boden aus ist es nicht zu erkennen. Als sich der Suchtrupp nähert, raschelt es im Gras, das Rehkitz steht auf – und springt davon. 

„Das war schon etwas älter“, sagt Kälber. Junge Rehkitze haben einen Nesttrieb: Sie bleiben, ducken sich und laufen damit Gefahr, in den Mähdrescher zu geraten. 

Die Augen hat Kälber auf einen Bildschirm gerichtet und lenkt die Drohne durch die Luft. Um sie steuern zu dürfen, braucht man eine Erlaubnis. Kälber besitzt die höchste, die es gibt: das „Fernpilotenzeugnis A2“. 30 Minuten kann die Drohne am Stück in der Luft bleiben, bevor der Akku gewechselt werden muss. 

„In der Zeit schafft man etwa 15 Hektar“, erklärt Kälber, der bereits im Vorfeld alle Routen einprogrammiert hat. Sein Fluggerät setzt er auch zur Personenrettung und im Gebäudemanagement ein. Auch nach Wildschweinkadavern hat Kälber im Auftrag des Landes schon gesucht. 

Seine Drohne kostet einen niedrigen fünfstelligen Betrag, ist wassergeschützt und kann auch bei leichtem Regen abheben. Zwar hat das Gerät in der Theorie eine Reichweite von bis zu fünf Kilometern, die Kälber bei der Rehkitz-Rettung aber nicht ausnutzt: Sinnvoll sei die Suche nur in einem Radius von 600 bis 800 Metern – die Helfer müsse ja auch noch zu Fundstellen dirigiert werden. 

Bei einer Suche schon mal 14 Tiere entdeckt

Basierend auf Erfahrungswerten, schätzt Kälber, dass auf einer Fläche von zehn Hektar zwei bis drei Rehkitze zu finden sind. Aber es gibt auch Ausnahmen. So berichten Kieselbronner Landwirte, dass vorige Woche bei der Drohnensuche insgesamt 14 Tiere entdeckt wurden. Insgesamt beobachtet Kälber bei den Landwirten eine große Sensibilität für das Thema. 

Inzwischen existiert im Enzkreis sogar ein Netzwerk von zehn Piloten-Teams. Kälber sagt: „Das Wichtigste ist die Kommunikation zwischen Landwirt und Jagdpächter.“

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