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Zukunft im Nordschwarzwald

Halbzeitbilanz: Gala wird zu einem Prüfstein für Ornamenta in Pforzheim

Bei einer Gala im September im Pforzheimer Hauptbahnhof wird sich zeigen, wo die Stadt finanziell steht mit der Ornamenta-Idee. Das gesellige Miteinander markiert die Halbzeit bei der Vorbereitung des Großevents 2024.

IHK-Empfang
Bad Databrunn zum Waschen: Yelizaveta Strakhova und Márk Redele haben die Installation eigens zum IHK-Empfang mit Ornamenta-Schwerpunkt entwickelt. Die Besucher tauchen ihre Hände ebenso in eine regionale wie in eine künstliche Heilquelle und erleben so Wasser als Datenträger. Foto: Edith Kopf

Getöse am Rande des Pforzheimer Stadtparks. Wirtschaftsleute, die mit Sekt- oder Wasserglas in der Hand auf einen entspannt-informativen Abend eingestellt sind, erleben einen ohrenbetäubenden Auftritt.

Trommler geben alles, um die Bedeutung des Abends für die Zukunft der Region Nordschwarzwald zu unterstreichen: Ornamenta 2024 ist angesagt.

Tatsächlich genießen die Gäste des IHK-Sommerempfangs im Juli dann ein bekömmliches Präludium zur Halbzeit bei der Vorbereitung des Großereignisses. Die „fördernde“ Wirkung des Wohlfühlprogramms wird sich am 30. September zeigen: Wer „richtig tief einsteigen will“, ist bei einer Gala im Hauptbahnhof willkommen, sagt Ornamenta-Geschäftsführer Christian Saalfrank.

Jeder weiß, dass es dabei um 2,1 Millionen Euro von Sponsoren geht für die von Pforzheim mit 1,9 Millionen Euro angeschobene Finanzierung des Großereignisses.

Ornamenta ist kein Projekt, sondern ein Prozess.
Christian Saalfrank, Ornamenta-Geschäftsführer

Für Willem Schenk, Katharina Wahl und Jules van den Langenberg steht also viel auf dem Spiel bei der IHK. Die Kuratoren zeigen erstmals eine Teilrealisierung des im Mai vorgestellten Konzepts. Es ist eine Diskussionsplattform für neue Kurvorstellungen im Nordschwarzwald.

„Ornamenta ist kein Projekt, sondern ein Prozess“, betont Saalfrank. Das 100-Tage-Ereignis alle fünf Jahre soll aus dem Nordschwarzwald eine Region machen, die für spannende Erlebnisse und Gedankenfutter steht. Für die Wirtschaft soll der erhoffte Attraktivitätsschub neue Arbeitskräfte und einen guten Ruf bringen.

Das IHK-Publikum flaniert, lustwandelt gar, zwischen IHK-Zentrale und Reuchlinhaus „über die neue Kurpromenade“ (Saalfank) auf der von Schenk angekündigten „Baustelle Bad Databrunn“. Die gerade im Amt bestätigte IHK-Präsidentin Claudia Gläser gibt dazu mit: „Die Künstler haben sich sehr viel Mühe gegeben.“

Pforzheimer Ornamenta ist sinnlich

In Bad Databrunn heißt es an diesem Abend fühlen, hören, schmecken und sehen. Ornamenta ist sinnlich, nehmen die IHK-Gäste mit, die sich auf die acht Künstler und die Orchestervereinigung Calmbach einlassen. Viele tun es mit spielerischer Offenheit, genießen Achtsamkeitsübungen und erproben Vorlagen für Geschäftsideen.

Bereits mitten im Ornamenta-Prozess stehen Rudolf und Rita Armbruster. Die Besitzer eines kleinen Weinguts in Ellmendingen haben im Mai bei der Eröffnung der Ausstellung „Transferium“ im Pforzheimer Stadtmuseum den Aufruf ernst genommen: Jeder, der etwas zu den fünf Kunstgemeinden beitragen möchte, die dort umrissen werden, kann, ja soll sich melden. Die Armbrusters stellen Zimmer zu Verfügung. Seit Juli sind sie Teil der Gemeinde „Eros“.

Das weite Feld des Eros

Gastgeber Armbruster hält dazu nicht hinterm Berg. Er tue sich „eher schwer mit dem Namen“, sagt er den Kuratoren. Sie sitzen mit Gästen auf seinem Weinberg und haben bereits die Grenze zwischen Schwarzwald und Kraichgau kennengelernt, als er die Diskussion anschiebt. Das weite Feld von Erotik, Sexualität und Sinnlichkeit scheint auf.

Andere Facetten der Eros-Gemeinde auf der neuen Nordschwarzwaldkarte zeigen sich beim „Gathering“ zwei Tage später. Das Treffen findet – so wie am 10. August die Auseinandersetzung mit „Solartal“ – am Mittwoch in der ersten Woche des Monats statt. Hebamme Ursula Jahn-Zöhrens aus Bad Wildbad erzählt über Hausgeburten und Heidelbeerprinzessin Sina Schlei aus Enzklösterle hat ihr Krönchen auf.

In Ellmendingen bekommt die Gesellschaft „Eros im Glas ausgeschenkt“, meint Rita Armbruster, und in der Alten Kelter das Gestern im Heute auf einem Bild des belgischen Malers Kasper Bosmanns.

Lost places und offene Arme in Freudenstadt

Die Fäden, die sich in der einjährigen Try-out-Phase seit Mai 2021 als kräftig erwiesen haben, werden weiter gesponnen bei diesem wie bei den noch folgenden Treffen zu den Gemeinden „Inhalatorium“ und „Schmutzige Ecke“. Es geht bei den Themenwochen aber auch um „lost places“ wie das Grandhotel Waldeslust in Freudenstadt.

Der morbide Charme alter Kur-Fantasien ist nur ein Aspekt bei der langen Fahrt, die Jules van den Langenberg an diesen südlichen Zipfel des Ornamenta-Gebiets unternimmt. „Sie haben mich mit offenen Armen empfangen“, erzählt er bei der Rückkehr und lächelt. Diese Reaktion ist wichtiger als die neuen Eventlocations und Betten, die er mitbringt für die erhofften 30.000 Besucher bei der Ornamenta vom 5. Juli bis 29. September 2024. Sie zeigt, dass die Stadt die Ornamenta will.

Es geht um das, wo bin ich, wo komm ich her, wo möchte ich hingehen.
Katharina Wahl, Ornamenta-Kuratorin

In Bad Wildbad, der Keimzelle für „Bad Databrunn“, scheinen bereits breite Pfade angelegt zu sein für das Zukunftskonzept. Das erste Mittwochsgespräch zur Entwicklung der fünf Kunst-Gemeinden im Juni dreht sich um Kurort-Geschichte.

Marina Lahmann vom Stadtmarketing erzählt von dem im 13. Jahrhundert zum Baden angelegten Schacht, in dem vor 100 Jahren Thermalwasser entdeckt wurde. Sie skizziert die vier großen Umbrüche bis zu den Gesundheitsreformen. Das Ringen um neue Zielgruppen ist Thema.

Sein und Schein im Thermalbad

„Es geht um das ,wo bin ich, wo komm’ ich her, wo möchte ich hingehen?’“, erläutert Katharina Walz, während sich die beim Pforzheimer Stadtmuseum gestartete Busgesellschaft dem Herzstück des Kurstadtlebens nähert. Es ist Technik pur: Vor dem Heilsversprechen im Becken steht das Getöse der Wasseraufbereitung.

Zu dem schönen Sein und dem wenig natürlich nach oben sprudelnden Thermalwasser gibt es eine „Gesteinsansprache“ von Pia Matthes. Die Künstlerin verbindet Thermonite mit der Steckdose: Badegäste können ihre Füße an den durch Strom angenehm erwärmten ergonomischen Steinen verwöhnen.

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