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Meinung

von René Ronge

Großereignis im Nordschwarzwald

Warum die Zweifel an der Pforzheimer Ornamenta wachsen

Kann eigentlich jemand in zwei Sätzen sagen, was die Ornamenta ist? Konzept und Kuratoren verwundern inzwischen auch sehr kulturaffine Beobachter.

Ornamenta-Prolog: Aphrodisierendes Grün wächst unter rotem Licht in blauen Trögen.
Ornamenta-Prolog: Aphrodisierendes Grün wächst unter rotem Licht in blauen Trögen. Foto: Ornamenta/Karolina Sobel

Der Journalist nennt es „Küchenzuruf“ und erfunden hat ihn Henri Nannen, Gründer des Magazins „Stern“. Ein Text sollte so klar sein, dass die Leserin und der Leser die Kernbotschaft sofort in zwei knackigen Sätzen aus dem Wohnzimmer in die Küche rufen kann. Wie oft uns diese Vorlage für Sie gelingt, wissen Sie besser als wir.

Überträgt man die Idee auf die Ornamenta, ergibt sich Nachholbedarf für das Team der Kuratoren und Organisatoren. Denn: Was ist die Ornamenta eigentlich? Kann das jemand in zwei Sätzen sagen?

Man kann sich informieren, und Kultur soll herausfordern

Holen wir uns ein bisschen Hilfe auf der Homepage der Ornamenta. Was steht an oberster Stelle? „Transferium 2023. Ornamenta Prolog-Ausstellungen mit Veranstaltungsparkour in der Region Nordschwarzwald.“ Na, alles klar? Weiter unten wird erklärt, dass die Themengemeinden Bad Databrunn, Zum Eros, Schmutzige Ecke, Inhalatorium und Solartal bei monatlichen Ausstellungseröffnungen im A.K.T. aktiviert werden. Jetzt besser?

Die Eingeweihten wissen längst Bescheid. Natürlich kann man sich einlesen, informieren, vertiefen. Dann erfährt man mehr und erfreut sich womöglich an der diese Woche „aktivierten“ Gemeinde „Zum Eros“ und „queer-feministischer Ökologie“. Aber das setzt doch eine Menge voraus. Und klingt eher wie ein Projekt für extrem kulturaffine Zirkel.

Natürlich soll Kultur den Geist fordern und muss nicht nur gefallen. Vom ambitionierten Projekt Ornamenta soll ja gedankliche Inspiration für Zukunftsfragen in Pforzheim und der Region bleiben.

Zum Eros! Wer soll das verstehen?

So wäre das alles in Ordnung – wenn es der einzige Anspruch der Ornamenta wäre. Doch sie soll in einem Jahr das große Kulturprogramm im Nordschwarzwald werden und anschlussfähig für die Menschen in der Region sein. Dafür soll auch die „Ornamenta Lust“ sorgen.

Jeder kann mitmachen. „Die Ornamenta Lust steht allen Interessierten offen“, betont das Team der Ornamenta. Kleine Einschränkung: „Vorausgesetzt, man schafft den Bezug zu einer der fünf Themengemeinden Bad Databrunn, Zum Eros, Schmutzige Ecke, Inhalatorium oder Solartal.“ Man muss natürlich erst mal verstehen, was sie sind. Und: Finanzielle Förderung gibt es hier im Gegensatz zum Kernprogramm nicht.

Daher sollte man die Kritik, die diese Woche im Kulturausschuss laut wurde, ernst nehmen. Sie war keine populistische Breitseite, sondern ein Weckruf. Denn während in der Prolog-Ausstellung im A.K.T. seit dieser Woche in blauen Trögen Pflanzen sprießen, die nächstes Jahr Teil eines großen Gartens mit aphrodisierenden Pflanzen werden sollen, wachsen auch unter sehr kulturaffinen Beobachtern die Zweifel am Konzept der Ornamenta.

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