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Pforzheimer Gedenktag

Pforzheimer entzünden am Gedenktag der Zerstörung Hunderte Kerzen

Kerzen statt Fackeln: Auf dem Marktplatz entzünden am Freitagabend mehrere Hundert Menschen am Gedenktag der Pforzheimer Zerstörung ein Lichtermeer.

Svenja Fritz, Sandra Bröhl und Gerald Fritz (von links) sind zum Lichtermeer auf dem Pforzheimer Marktplatz gekommen.
Svenja Fritz, Sandra Bröhl und Gerald Fritz (von links) sind zum Lichtermeer auf dem Pforzheimer Marktplatz gekommen. Foto: Tom Rebel

Auf der Bühne auf dem Marktplatz versammeln sich Vertreterinnen und Vertreter aus dem Rat der Religionen, die im Wechsel mit der evangelischen Dekanin Christiane Quincke die „Pforzheimer Erklärung“ abgeben. Sie erinnern an die Vorgeschichte, die am 23. Februar 1945 zur Zerstörung Pforzheims führte, mit vielen Tausenden Opfern. „Der von Deutschland entfesselte Krieg ging auch von Menschen und Einrichtungen in Pforzheim aus.“

Pforzheimer Rat der Religionen spricht klare Worte

Die Sprecherinnen stellen klar, dass sie die Instrumentalisierung der Opfer zum Aufrechnen von Schuld ablehnen. Mit ihrer Botschaft setzen sie laut Quincke ein wertvolles und unverzichtbares Zeichen der Hoffnung und auch der Bereitschaft, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.

Friedenstaube auf der Rathausfassade

Nach Polizeiangaben sind rund 350 Menschen am Freitagabend auf dem Marktplatz zusammen gekommen, um den Höhepunkt des Pforzheimer Gedenktags gemeinsam zu begehen. Sie haben Hunderte Lichter entzündet. Auch die Pforzheimer Bärbel Abrecht, Stefanie Prießnitz und Jürgen Müller sind dabei. „Weil es zu Pforzheim gehört“, so begründet Prießnitz ihre Teilnahme am Lichtermeer, zu dem traditionell auch eine weiße Taube an die Rathausfassade projiziert ist.

Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) dankt den Pforzheimerinnen und Pforzheimern dafür, dass sie durch ihre Anwesenheit zeigen, dass sie für Demokratie statt Unterdrückung einstehen, für Rechtsstaatlichkeit statt Willkür. „Mit Kerzen statt mit Fackeln“, ergänzt er, in Anspielung auf die Fackelveranstaltung der Rechten auf dem Wartberg.

Boch erinnert an Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten

Boch erinnert an die Verantwortung dafür, „dass auch 79 Jahre nach der Zerstörung unserer Stadt und der Befreiung von der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten, die Erinnerung an diese schreckliche Zeit wachgehalten wird“. Die Verantwortung auch dafür, „das große Geschenk des Neuanfangs“ in einer demokratischen und rechtsstaatlichen Republik für künftige Generationen zu bewahren, gegen äußere und innere Feinde.

Dazu zählt Boch nicht nur die Fackelträger, sondern auch Vermummte, so erklärt er mit Blick auf die linke Szene, „religiöse Fanatiker und politische Extremisten egal welcher Ausprägung“.

Lassen Sie uns als Demokratinnen und Demokraten vor allem zusammenstehen. 
Peter Boch
Oberbürgermeister

„Lassen Sie uns als Demokratinnen und Demokraten vor allem zusammenstehen. So wie heute hier in Pforzheim auf dem Marktplatz“, appelliert der OB an die Zuhörerschaft.

Viel Beifall für Poetry Slam der Schülerinnen

Bewegende und eindrucksvolle Worte finden die Schülerinnen Karolina Heß, Johanna Schmid und Kira Hülsmann mit einem Poetry Slam, den das Publikum mit viel Beifall honoriert. „Endlich kommt der Friede“, sagt Kira Hülsmann, als sie von einem kleinen Mädchen erzählt, das in einem hellen Klecks eine Taube erkennt. Sie glaubt an einen langen Frieden, der aber gerade wieder vom Krieg zerstört wird und von Faschismus bedroht ist.

Uns fehlt die Kraft, die Fehler als Fehler zu erkennen.
Karolina Heß 
Schülerin

Karolina Heß denkt an ihr Geschichtsbuch und den Fehlern, die sich immer wiederholen. Und sie resümiert: „Uns fehlt die Kraft, sie als Fehler zu erkennen.“ Erst wenn dies geschehe, könnten Menschen dafür sorgen, dass sie sich nicht mehr wiederholen.

Das interreligiöse Segensgebet mündet gegen 20 Uhr in das Glockengeläut, das 20 Minuten andauert, so lange, wie es vor 79 Jahren brauchte, um Pforzheim in Schutt und Asche zu legen.

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