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Politiker berichten von Beleidigungen im Netz

Was Abgeordnete aus dem Kreis Karlsruhe von digitalen Bürgersprechstunden halten

Politiker suchen über digitale Wege den Kontakt zu den Bürgern. Dabei gibt es auch Probleme: Missverständnisse, Beleidigungen und Häme.

Mann am Bildschirm
Kontakt im Netz: Ansgar Mayr setzt auf digitale Bürgersprechstunden. Der CDU-Landtagsabgeordnete beklagt allerdings auch Beleidigungen in Sozialen Medien. Foto: Rake Hora

Politiker aus der Region setzen bei der Kommunikation mit Bürgern vermehrt auf digitale Formate. Der Kontakt über Bildschirm und Telefon gewinnt nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie an Bedeutung. Er hat aber auch Nachteile: Abgeordnete berichten von Missverständnissen und anonymen Beleidigungen im Netz.

Ansgar Mayr, CDU-Landtagsabgeordneter aus Stutensee, bietet Online-Sprechstunden und Live-Termine in den sozialen Medien an. Für Bürger ist er nach eigenen Angaben auch per E-Mail und telefonisch erreichbar.

Bei seinen Telefon-Sprechstunden melden sich laut Mayr im Schnitt ein bis fünf Menschen. „Die Themen spiegeln die komplette Bandbreite wider, wobei der Schwerpunkt klar bei den Corona-Maßnahmen und Impfungen liegt“, sagt der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Bretten.

Die digitalen Angebote seien „gerade jetzt in der Pandemie enorm wertvoll“. Er frage sich häufig, so Mayr, „was gewesen wäre, wenn die Pandemie vor 20 oder 30 Jahren gekommen wäre“.

Landtagsabgeordneter erlebt in sozialen Medien Beleidigungen

Trotz aller digitalen Möglichkeiten ist der CDU-Politiker davon überzeugt, „dass der persönliche Kontakt immer noch der beste ist“. Dabei gebe es weniger Missverständnisse und selbst wenn, könne man sie direkt ausräumen.

Rückfragen könnten in einem persönlichen Gespräch immer direkt beantwortet werden. „Beim digitalen Kontakt kommt es häufig zu einer Diskussion, die sich über mehrere Tage hinzieht.“

Als Politiker begegnen Mayr laut eigener Aussage auch Anfeindungen – gerade im Netz. „Scharfe Kritik und Beleidigungen gibt es vor allem in den sozialen Medien und meist im Schutz der Anonymität“, berichtet Mayr.

Schlechte Erfahrungen habe er besonders auf den Plattformen Facebook und Telegram gemacht. „Bei Instagram gibt es kaum Hass und Hetze“, sagt Mayr. Beleidigungen im Internet erlebe er häufig. Im privaten Umfeld sei er dagegen noch nie bedrängt worden.

Scharfe Kritik und Beleidigungen gibt es vor allem im Schutz der Anonymität.
Ansgar Mayr, CDU-Landtagsabgeordneter aus Stutensee

Barbara Saebel (Grüne) vertritt den Wahlkreis Ettlingen im Stuttgarter Landtag. Auch sie setzt beim Bürgerdialog verstärkt auf digitale Mittel. Die Grünen richteten Online-Veranstaltungen zu verschiedenen Themen aus, etwa Finanzen, Bildung oder Klimaschutz.

Mit Interessenvertretern aus Schulen, Wirtschaft oder Kultur pflege sie einen Austausch über Video-Chats. „Bürgersprechstunden finden auf Ankündigung und auf individuelle Nachfrage statt“, so Saebel.

Vor historischer Kulisse am Ettlinger Schloss: Die Grünen-Abgeordnete Barbara Saebel bewirbt sich erneut um ein Mandat im baden-württembergischen Landtag.
Vor historischer Kulisse am Ettlinger Schloss: Die Grünen-Abgeordnete Barbara Saebel. Foto: Werner Bentz

Meist gehe es um aktuelle politische oder persönliche Themen. Zuletzt hätten viele Bürger die umstrittene Abschaffung der Viererkarte durch den Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) angesprochen.

„Die digitalen Möglichkeiten stellen ein niederschwelliges Angebot zur Kontaktaufnahme für Bürger dar“, sagt Saebel. Durch sie könnten Politiker eine „Erweiterung der demokratischen Teilhabe“ erreichen.

Corona-Politik erhitzt die Gemüter

Sie bevorzuge allerdings den persönlichen Kontakt, „da man sich menschlich näher ist“. Auch Saebel hatte es bereits mit Beleidigungen zu tun. Dabei handele es sich jedoch um Einzelfälle. „Unschön sind hämische Kommentare auf Social Media und unverschämte Mails“, so Saebel.

Zwar pflegten die meisten Bürger einen zivilisierten Umgangston. Die Pandemie-Politik erhitzt aber offenbar einige Gemüter: „Wegen der existenziellen Bedrohung einzelner Branchen durch Corona wurde der Ton in E-Mails gelegentlich rauer.“

Nicolas Zippelius von der CDU bei der Diskussionsrunde in Bretten.
Erstmals im Bundestag: Der CDU-Politiker Nicolas Zippelius aus Weingarten. Foto: Tom Rebel

„Kritik gehört, wenn sie sachlich bleibt, zur Politik dazu“, findet Nicolas Zippelius. „Allerdings lassen manche im Netz den Anstand vermissen.“

Seit rund zwei Monaten sitzt der CDU-Politiker aus Weingarten im Bundestag. In den sozialen Medien berichtet er über seine Arbeit und tauscht sich in Live-Formaten mit Bürgern aus. Zippelius veranstaltet nach eigener Aussage zudem regelmäßig Bürgersprechstunden – mitunter auch anlassbezogen, etwa zur Debatte um die Viererkarte.

Die Resonanz ist laut Zippelius vielfältig: „Sie reicht von persönlichen Anliegen über allgemeine politische Meinungsäußerungen bis zum persönlichen Feedback zu meinen Auftritten in den sozialen Medien.“

Die digitale Kontaktaufnahme sei eine „einfache und im Hinblick auf die Corona-Pandemie sichere Möglichkeit, mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen“. Wichtig sei ihm der Ansatz: „Schnell und unkompliziert.“

Allerdings könnten digitale Kontakte persönliche Gespräche nicht ersetzen. „Dabei gehen oft Zwischentöne verloren“, hat auch Zippelius beobachtet. „Die Gefahr von Missverständnissen ist größer.“

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