Skip to main content

Kompromiss im Gemeinderat

Entscheidung zur Karlsruher Karlstraße: Haltestelle ja, Fußgängerzone jein

Nach intensiver Debatte steht fest: Die Haltestelle auf dem Europaplatz fällt weg, die Zukunft der Autos in der nördlichen Karlstraße ist aber offen.

Blick auf die Haltestelle in der nördlichen Karlstraße
Die Haltestelle in der Karlstraße wird barrierefrei ausgebaut. So hat es der Karlsruher Gemeinderat am 19. September entschieden. Wie es für Autos in dem Abschnitt weitergeht, ist noch nicht abschließend entschieden. Foto: Rake Hora /BNN

Yvette Melchien gestikuliert, Detlef Hofmann schüttelt den Kopf, Thomas Hock hört zu. Es ist ein letzter Austausch in kleiner Runde. Kurz vor 19 Uhr gibt es im Karlsruher Bürgersaal einige davon. Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) hat die Sitzung des Gemeinderats eben für fünf Minuten unterbrochen. Man ringt um einen Kompromiss. Wenig später steht der. Nicht einstimmig, aber mit einer stabilen Mehrheit.

33 Stadträtinnen und Stadträte stimmen dafür, dass die Haltestelle auf dem Europaplatz zurück-, gleichzeitig aber die um die Ecke in der Karlstraße barrierefrei ausgebaut wird. Sie revidieren damit – wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen und von den Verkehrsbetrieben gewünscht – einen 14 Jahre alten Beschluss ihrer Vorgänger.

Für die nördliche Karlstraße bleiben zwei Optionen auf dem Tisch

Für die Zukunft der Karlstraße zwischen Amalien- und Stephanienstraße legt das Gremium hingegen nur die Richtung fest, schiebt die finale Entscheidung aber auf. Auf dem Tisch lag eigentlich die Idee, den Abschnitt zur Fußgängerzone zu erklären. Weil Rathauschef Mentrup Gegenwind spürte, ließ er über eine geänderte Version abstimmen.

In die flossen Forderungen der SPD und der FDP ein. Beide hatten die Ausweisung eines verkehrsberuhigten Bereichs statt einer Fußgängerzone ins Spiel gebracht. Um eine Mehrheit zu schmieden, bietet Mentrup an, im nächsten Schritt beide Varianten „ergebnisoffen“ zu prüfen und dann erneut darüber abstimmen zu lassen. Der Plan geht auf. Bis auf die CDU, die beiden AfD-Stadträte, Jürgen Wenzel (Freie Wähler) und Ellen Fenrich (parteilos) votieren alle Anwesenden dafür.

Vier Jahre sind seit einem Antrag der Grünen vergangen

Der Grundsatzbeschluss mit Kompromiss-Anteil steht am Ende einer langen Debatte über die Zukunft der nördlichen Karlstraße und des Europaplatzes. Vier Jahre nach einem Antrag der Grünen, dort einen Verkehrsversuch zu starten. Gut ein Jahr nach dem Start dieses sogenannten Reallabors. Drei Monate nach der ursprünglich geplanten Entscheidung im Gemeinderat. Und eine Stunde nach Beginn der finalen Debatte.

Kurz vor 18 Uhr ruft Mentrup am Dienstagabend den Tagesordnungspunkt 16 samt zahlreicher Änderungs- und Ergänzungsanträge auf. Direkt im Anschluss entbrennt die emotionale Diskussion, die eine Woche zuvor im Hauptausschuss bereits begonnen hatte.

Beschluss über die Haltestelle ist für Karlsruhes OB Mentrup besonders wichtig

Für den Rathauschef ist der Beschluss über die Haltestelle besonders wichtig, das macht er mehrfach klar. Er braucht ihn, um die bestehenden Pläne zu ändern und die nächsten Schritte einleiten zu können. In den vergangenen Wochen hatte die Verwaltung mehrfach erläutert, warum die Haltestelle aus ihrer Sicht nicht auf dem Europaplatz bleiben kann. Ihr Hauptargument ist, dass dort der Platz für einen barrierefreien Ausbau fehlt.

Jeden überzeugt das allerdings nicht. Dagegen sprechen sich vor allem Freie Wähler, Für Karlsruhe und die AfD aus. Man fürchte „eine Zerschneidung zwischen Ludwigs- und Stephanplatz“, sagt Petra Lorenz (Freie Wähler). Zudem werde der Europaplatz auch ohne Haltestelle nicht mehr Aufenthaltsqualität haben, argumentiert sie. „Weil die Bahnen weiter drüber fahren.“

„Die Haltestelle muss vom Europaplatz weg“, kontert hingegen Thomas Hock (FDP). „Der würde durch eine Bahnanlage zerstört.“ Für Michael Haug (Karlsruher Liste) ist der Rückbau der Haltestelle vor dem Haupteingang der Postgalerie „zwingende Voraussetzung“. Das habe man schon immer gesagt. Nur so werde der Europaplatz „Endpunkt des neuen Boulevards Kaiserstraße“

Die Karlstraße ist eine empfindliche Schlagader unserer Innenstadt.
Tilman Pfannkuch
Stadtrat CDU

Mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“ zum Autoverkehr in der nördlichen Karlstraße tun sich hingegen einige schwer, das zeigt sich im Verlauf der Debatte. „Die Karlstraße ist eine empfindliche Schlagader unserer Innenstadt“, sagt etwa Tilman Pfannkuch (CDU). Nun schlage die Verwaltung eine Fußgängerzone vor, „ohne auszuführen, was auf dieser Fläche passieren soll“.

SPD und FDP bringen verkehrsberuhigten Bereich ins Spiel

In der SPD sei man sich „unsicher, was die Planung angeht“, erklärt Stadträtin Yvette Melchien. Es gebe schon heute viel berechtigten Kfz-Verkehr, der auch künftig notwendig sein werde. „Wir wollen keine Fußgängerzone, die keine ist, sondern halten eine verkehrsberuhigte Zone für die pragmatische Lösung“, ergänzt FDP-Mann Hock.

Ein klares Votum pro Fußgängerzone wollten Grüne und Linke angeben. Beide stellen aber klar, dass die aus ihrer Sicht in Zukunft in beiden Richtungen per Fahrrad passierbar sein muss. „Einen verkehrsberuhigten Bereich finden wir nicht gut“, sagt der Grüne Johannes Honné. „Wir stimmen aber zu, weil wir der Überzeugung sind, dass die Macht des Faktischen zur Fußgängerzone führen wird.“

Das letzte Wort hat aber vermutlich der nächste Gemeinderat. Eine fertige Planung vor der Kommunalwahl am 9. Juni 2024 halte er für unrealistisch, so Mentrup. „Sie können das also ruhig zum Wahlkampfthema machen“, ruft der Rathauschef in Richtung AfD.

nach oben Zurück zum Seitenanfang