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Veränderte Tram-Linien

Mit der Kombilösung geht in Karlsruhe auch ein neues Liniennetz an den Start

Um 14 Uhr am 11. Dezember ändern sich auf einen Schlag einige Linienverläufe im Karlsruher Tram-Netzwerk. Wie der neue Plan entstanden ist und was routinierte Bahnfahrer nun wissen müssen.

Drehkreuz Hauptbahnhof: Für Besucher, die mit der Bahn anreisen, geht es vom Bahnhofsvorplatz mit Tram oder Stadtbahn weiter.
Für die Karlsruher Tramlinie 2 ändert sich mit Start der Kombilösung fast nichts, für die meisten anderen allerdings schon. Foto: Uli Deck/dpa

Wenn die ersten Bahnen durch den Tunnel unter der Kaiserstraße rollen, müssen sich viele Bahnkunden neu orientieren. Der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) nutzt die Gelegenheit der Inbetriebnahme der Kombilösung Karlsruhe, um sein Liniennetz umzustrukturieren.

Neue Routen, Fahrtziele oder Nummern gibt es für einige Tramlinien im Stadtgebiet. Im Umland ändern sich nur Abfahrtszeiten.

Der neue Plan ist das Ergebnis monatelanger Abstimmungsarbeit – und ein Kompromiss zwischen Qualität und Kosten. Klicken Sie auf die einzelnen Liniennummern, um Details zu erfahren.

Liniennetzplan nach Abschluss der Kombilösung Karlsruhe um Dezember 2021
Das Ende der Bauarbeiten für die Kombilösung Karlsruhe ist für Dezember 2021 geplant. Dann fahren die Bahnen in Karlsruhe auch nach einem neuen Liniennetzplan. Foto: VBK

Wie ein komplett neuer Linienplan entsteht

Wie kam der Plan zustande?

Daran waren viele verschiedene Stellen beteiligt. So hat beispielsweise das Zuse Institut in Berlin für die Karlsruher Verkehrsplaner hunderttausende Varianten und Möglichkeiten durchgerechnet. Es ging darum, die beste Kombination zwischen einer teuren Optimierung der Gesamtfahrzeit und der Kostenoptimierung, die wiederum mit einem Qualitätsverlust einhergeht, zu finden, berichtet Mathematiker Ralf Borndörfer vom Zuse Institut.

Welche Vorgaben hatte das Zuse Institut?

Zunächst sehr wenige. Aus Karlsruhe kam der Wunsch, ergebnisoffen zu rechnen, sagt Borndörfer. Für natürliche Leitplanken sorgte allerdings die Infrastruktur. Es ist klar, dass Linien nur an bestimmten Stellen im Netz beginnen und enden können. Auch Abbiegemöglichkeiten und die Kapazität von Streckenabschnitten spielten eine Rolle. So konnten sich die Berliner Forscher durchaus vorstellen, aus Optimierungsgründen mehr Linien durch die neuen Tunnel zu führen – durch deren Kapazität und den Wunsch nach einem „Puffer“ war das aber nicht möglich.

Welche Daten bildeten die Grundlage für die Berechnungen?

Hier sind Millionen Informationen eingeflossen. Die Forscher haben vor allem Fahrgast-Zahlen genutzt (soweit sie verfügbar waren) und im Modell durch zahlreiche weitere Informationen wie die Bevölkerungsprognose der Stadt für das Jahr 2030 ergänzt. Danach teilten die Mathematiker die Stadt in Bezirke ein und berechneten Tabellen mit Quellen und Zielen der angenommenen Fahrgäste. Noch präziser wäre das möglich, wenn es differenzierte Informationen beispielsweise zu den Tageszeiten gäbe, sagt Forscher Borndörfer. Dem stehe in Deutschland aber der Datenschutz entgegen. Berücksichtigt hat er mit seinem Team viele weitere Faktoren, etwa die Fahrzeit im Vergleich mit dem Auto. Selbst im Gespräch befindliche Ausbaumaßnahmen flossen in das Modell mit ein.

Gibt es nun Gewinner und Verlierer?

Mit Sicherheit, denn die rein individuelle Perspektive entspricht nicht in jedem Fall der gesamtgesellschaftlichen. Die Forscher haben sich das Netz allein anhand der Daten angeschaut, dem KVV Ergebnisse präsentiert und Vorschläge unterbreitet. Der neue Netzplan ist nun ein Kompromiss, in den viele Überlegungen und Berechnungen eingeflossen sind. Aus mathematischer Sicht verändert sich die optimale Lösung je nach Gewichtung der Faktoren. Wer beispielsweise nur auf die Gesamtfahrzeit der Kunden schaut, bekommt ein anderes Ergebnis als derjenige, der ausschließlich die Kosten minimieren möchte.

Was sagen die Bürgervereine in Stadtteilen, die nun keine direkte Verbindung zum Marktplatz mehr haben?

Kurz gefasst, sie sind sauer. Zusagen seien nicht eingehalten worden, kritisiert etwa Harald Keller vom Bürgerverein (BV) Waldstadt. Vor Jahren habe der damalige KVV-Chef Walter Casazza versprochen, dass der Stadtteil künftig zwei Verbindungen haben werde – eine in die Nordweststadt und eine zum Hauptbahnhof. „Und jetzt ändert man das plötzlich“, sagt Keller. Warum etwa Rintheim mit der Hälfte der Einwohner nun eine Direktverbindung zum Bahnhof habe und die Waldstadt nicht, sei völlig unverständlich. Unglücklich ist man auch in Oberreut, wie BV-Vorstandsmitglied Johannes Stober sagt. Für fast alle Ziele östlich des Europaplatzes verlängerten sich die Fahrzeiten. Auch er kritisiert, dass die Ankündigung vor dem Bürgerentscheid 2002 eine andere war. Beide rechnen allerdings damit, dass der große Ärger erst noch kommen wird. Viele in den Stadtteilen hätten sich vor der Umstellung gar nicht mit dem neuen Netz beschäftigt.

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