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Gewaltiger Druck

Testpflicht für alle Besucher in Pflegeheimen sorgt in Karlsruhe für Ärger und Frust

Immer neue Corona-Fälle und kein Impfteam in Sicht: Der Druck in den Pflegeheimen ist groß. Jetzt steigt er durch eine neue Vorgabe aus Stuttgart weiter. Und viele Angehörige müssen wohl erst einmal draußen bleiben.

Sophia führt bei Felix im Corona-Testzentrum am Moritzplatz einen Coronatest durch. Bis zu 500 Personen sollen hier täglich auf das Coronavirus getestet werden. +++ dpa-Bildfunk +++
Ohne Abstrich geht nichts: Wer als Besucher oder Handwerker in ein Pflegeheim will, braucht ein negatives Ergebnis. Die Einrichtungen fordern externe Helfer, die die Tests vornehmen. Foto: Jörg Carstensen

Neue Covid-19-Fälle und kein Impfteam in Sicht: Der Druck in den Pflegeheimen ist groß – und wächst nun noch durch verschärfte Vorgaben aus Stuttgart.

Für Besucher öffnen sich die Türen seit dieser Woche nur nach einem negativen Corona-Test. Das Tragen einer FFP-2-Maske allein reicht nicht mehr aus. Dies wurde mit der dritten Änderung der Landesverordnung den Einrichtungen quasi über Nacht diktiert.

Die Verantwortlichen vor Ort sprechen von einem Unding: Was gut gemeint sei, lasse sich schlicht und ergreifend nicht von jetzt auf gleich umsetzen.

„Wir können es personell nicht leisten, quasi nebenher durch unsere Mitarbeiter Angehörige und externe Dienstleister zu testen“, sagt Clarissa Simon von der AWO in Karlsruhe. In der Folge machte sie ihre fünf Häuser für Menschen ohne negatives Testergebnis erst einmal zu. „Das ist grausam, die Lage ist dramatisch“, sagt Simon. Sie fordert dringend externe Hilfe – und ist damit nicht allein. Martin Michel von der Stadtmission sagt: „Vielleicht schickt der Sozialminister den Pflegeheimen ein externes Besucher-Test-Team, beispielsweise über Bundeswehr oder Rettungsdienste.“

Sollte jedoch das seit Monaten hoch engagierte und hoch belastete Personal der Pflegeheime noch zur durchgängigen Testung von Besuchern zwangsverpflichtet werden – bei einem Zeitaufwand von etwa 15 bis 20 Minuten je hygienisch korrekt durchgeführtem Schnelltest – könne die neue Verordnung schlichtweg nicht umgesetzt werden. „Das wäre eine spannende Lage, vom Schreibtisch aus etwas zu entscheiden, was in der Praxis nicht umgesetzt werden kann“, so Michel.

Test darf maximal 48 Stunden alt sein

Testen lassen müssen sich nicht nur Angehörige, die ihre Liebsten besuchen wollen. „Es geht um alle Externen, also auch Therapeuten, Handwerker oder den Wäscheservice“, erklärt Eva Rühle von der Heimstiftung. „Jeder, der kommt, muss getestet werden.“ Rühle sagt: „Im Prinzip müsste ich jemanden vom Dienst nur dafür freistellen.“

Und da der Test maximal 48 Stunden alt sein darf, gebe es für den Besuch am Wochenende absehbar Engpässe zum Abstrich am Freitag. „Man muss testen, Daten erfassen und sicherstellen, dass niemand einfach los stapft – das ist aufwendig. Woher soll ich das Personal nehmen?“

Tests wiederum seien in ausreichender Zahl da. Die Heimstiftung versucht, dass Teilzeitkräfte aufstocken, will Mitarbeiter der Verwaltung einsetzen. Doch auch sie fordert externe Hilfe. „Die Idee, alle Besucher testen zu lassen, ist gut, aber sie muss sich umsetzen lassen“, sind sich die Karlsruher Experten einig.

Verantwortliche fordern externe Unterstützung

Möglich ist es den Vorgaben des Landes zufolge, ein negatives Testergebnis außerhalb des Heims zu beschaffen, etwa bei einem entsprechenden Drive-In. Das kostet schon mal 40 Euro. „Viele können sich das nicht leisten“, gibt Simon zu bedenken. Sie ahnt, wie groß bald der Frust sein wird. Und sie weiß, wie wichtig persönliche, direkte Kontakte für die Senioren sind. „Es ist keine schöne Situation, wenn Besucher abgewiesen werden müssen.“

Händeringend suche man nach Lösungen. Clarissa Simon bringt das Technische Hilfswerk ins Gespräch. „Wir brauchen eine externe Verstärkung. Und es wurde schon viel Zeit verplempert – zu Lasten der Pflegebedürftigen.“

Noch kein Imfpftermin

Unterdessen geht das Warten auf die Impfteams weiter. In den fünf Karlsruher Pflegeheimen der AWO hat bisher noch kein Impfteam vorbeigeschaut. Termine gebe es noch keine. „Das frustriert mich“, gibt Simon zu. Denn längst sind alle nötigen Papiere eingereicht. „Den holprigen Impfstart haben wir politisch der Bundeskanzlerin und der EU-Kommission mit Frau von der Leyen zu verdanken“, sagt Michel von der Stadtmission. Er macht keinen Hehl daraus, wie geladen er mit Blick auf die Politik aktuell ist.

Die Heimstiftung erwartet diese Woche im ersten von drei Häusern, dem Parkschlössle, das Impfteam. „Für die Seniorenresidenz am Wetterbach haben wir noch keinen Termin“, sagt Rühle. In der Alten Mälzerei sei wegen eines leicht an Corona erkrankten Bewohners die Impfung erst einmal ausgesetzt. Grundsätzlich gelte: „Alle fragen, wann es los geht. Man sagt uns, dass wir kontaktiert werden. Die Situation belastet – auch die Angehörigen“, so Rühle.

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