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Aktion von Impfgegnern?

„Judenstern“ an Bruchsaler Geschäften: „Abstoßend und widerwärtig“

Bruchsal steht unter Schock. Offenbar aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen wurden an Schaufenstern Plakate mit „Judensternen“ aufgehängt. Reaktionen der Politiker und der Jüdischen Gemeinschaft.

Der „Judenstern“: Mit diesem Symbol wurden in der NS-Zeit Jüdinnen und Juden stigmatisiert, verfolgt und ermordet. Immer wieder sind Menschen zu sehen, die das Symbol bei Corona-Protesten missbrauchen.
Der „Judenstern“: Mit diesem Symbol wurden in der NS-Zeit Jüdinnen und Juden stigmatisiert, verfolgt und ermordet. Immer wieder sind Menschen zu sehen, die das Symbol bei Corona-Protesten missbrauchen. Foto: Arno Burgi picture alliance / dpa

Auch für eine Stadt mit mehr als 45.000 Einwohnern ist es nicht üblich, in die bundesweite Medienberichterstattung zu geraten. Der „Spiegel“ ging zuletzt allerdings mit einem Artikel auf Bruchsal ein.

Grund waren die DIN-A4-Plakate, die kurze Zeit an Geschäften in der Innenstadt zu sehen waren: „Ungeimpfte sind hier unerwünscht“.

Offenbar in Bezug auf die 2G-Regelung. Dazu waren sogenannte „Judensterne“ abgebildet. Der Vorfall vom Wochenende sorgt im Rathaus auch am Dienstag noch für Unmut.

„Das ist die Schlagzeile, die ich als allerletztes brauche“, sagt Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (Freie Wähler). „Ich bin schon immer gegen Antisemitismus aufgestanden. Aber der Vorfall gibt mir auch die Möglichkeit, mich dazu zu äußern.“

Die Gesellschaft müsse eines erkennen: „Es ist solidarisch, sich impfen zu lassen und Corona zu bekämpfen. Das verträgt keine weitere Spaltung mehr.“ Die Verwendung des „Judensterns“ im Kontext mit Corona-Protesten ist aus ihrer Sicht inakzeptabel.

„Wer das nicht versteht – für den habe ich kein Verständnis. Da geht es an die Grundfeste meiner Überzeugung.“ Sie mache sich Sorgen um das gesellschaftliche Klima. „Ich verurteile das aufs Schärfste. Und ein Stück weit ängstigt mich es auch.“

Rami Suliman: Neu sind solche Vorfälle für uns nicht

Laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) ermittelt in diesem Fall der Staatsschutz. Gegenüber den BNN bezeichnete er die Aktion als „abstoßend und widerwärtig“. Er betonte: „Da werden Opfer des Nationalsozialismus dafür missbraucht, Kritik an der Corona-Politik zu üben – das verhöhnt diese Opfer, das relativiert ihr unermessliches Leid, das ist verachtenswert.“

Oberbürgermeisterin Petzold-Schick hofft ebenso auf Aufklärung wie Rami Suliman. Der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden sieht ein großes Problem mit Impfgegnern, das mit Überzeugungsarbeit gelöst werden müsse.

Das ist antisemitisch. Man nimmt uns wieder als Vorwand-
Rami Suliman, Vorsitzender der IRG Baden

Dass für Proteste der Davidstern missbraucht werde, mache ihn wütend. „Das ist antisemitisch. Man nimmt uns wieder als Vorwand.“

Neu sei der Umgang mit solchen Vorfällen nicht. „Wir leben in Deutschland mit so vielen Antisemiten und Querdenkern, die unbegründet gegen uns vorgehen“, sagt Suliman. Generell fühlten sich Jüdinnen und Juden in Bruchsal auch durch die Unterstützung aus der Politik in guten Händen.

Jusos Bruchsal sehen Spaltversuch der Querdenker

Fassungslos machte der Vorfall auch Landrat Christoph Schnaudigel (CDU). Im Sozialausschuss des Kreistags sagte er am Montag: „Da wurde jeder Maßstab verloren. Das mit dem Judenstern ist ein unsäglicher Vergleich – wie kann man nur so verblendet sein. Die, die das gemacht haben, die das unterstützen, sollte man mal dazu zwingen, die Bilder von der Deportation in Bruchsal anzuschauen und Bilder aus den Vernichtungslagern.“

Die Jusos Bruchsal sehen in dem Vorfall einen „gezielten Spaltversuch der Querdenker“. Assad Hussain, Vorsitzender der SPD-Jugendorganisation, betonte: „Während Querdenker weiterhin den Mantel der besorgten Bürger überziehen und sich als Opfer profilieren, wird jetzt durch die ,Judensternzettelaktion’ in der Bruchsaler Innenstadt auch die Lokalpolitik erneut damit konfrontiert, mit Hass und Hetze umzugehen.“ Das sei kein harmloses Bagatelldelikt mehr.

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