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Unmut über den Dauer-Lockdown

Gastwirte und Geschäftsleute protestieren in Waghäusel gegen Corona-Schließungen

250 Demonstranten haben sich am Samstag in Waghäusel auf dem Rathausplatz versammelt. Sie wollen ihrem Ärger über die aktuelle Corona-Politik Luft machen – und fordern Öffnungskonzepte.

Menschen protestieren auf einem Platz und halten Plakate.
Gastronomen demonstrieren gegen die Schließung ihrer Lokale. Foto: Werner Schmidhuber

Gerade 700 Meter von dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik entfernt, auf dem die Entscheidungsschlacht der Badischen Revolution stattgefunden hat, ist es nach 172 Jahren erneut zu einer Art Rebellion gekommen: Damals ging’s gegen den Großherzog, nunmehr richtet sich der Protest gegen die Herrschaften im Bund und Land.

Gastwirte, Geschäftsleute, Selbstständige und zahlreiche Sympathisanten versammelten sich auf dem Rathausplatz, um ihrem Unmut über den Dauer-Lockdown Luft zu machen.

„Unsere Erwartungen wurden bei weitem übertroffen“, sagte die Initiatorin, die Schwanen-Wirtin Margit Kattner, zu den rund 250 Demonstranten. Doch nicht alle gehörten zu den unmittelbar Corona-Geschädigten. Etliche Waghäuseler und Nachbarn, oft mit Plakaten ausgerüstet, wollten mit ihrer Anwesenheit die Aktion unterstützen.

„Normalerweise sind die Waghäuseler brave Bürger, aber jetzt sagen sie ,uns reicht’s jetzt’. Entsprechend der Devise der Kundgebung“, meinte die Pächterin des ältesten, 1627 erwähnten Wiesentaler Gasthauses.

Wir müssen dicht machen - in Großmärkten drücken sich die Leute tot.
Marinko Dinkic, Inhaber des Lokals „Adria“

„Wir fordern nichts Ungebührliches“ hieß es immer wieder auf dem Platz: „Wir wollen endlich eine Perspektive und nicht einen Lockdown nach dem anderen.“ Einnahmen fehlen weitestgehend, aber Mieten, Pachten, Kredite und andere Verpflichtungen, etwa Leasingraten, bleiben.

Zehn Redner äußern sich am Mikrofon

Nicht jeder Teilnehmer traute sich, vor großem Publikum zu sprechen. Die zehn mutigen Frauen und Männer, die spontan ans Mikrofon traten, berichteten betont sachlich über ihre Schwierigkeiten, Sorgen und Ängste, gaben kund, was sie umtreibt, etwa Doris Fabian von der Sportagentur Kircheis, Ludwig Becker vom Förderverein Vogelpark und Gastwirt Robert Kozul.

Kritische Zwischenrufe musste sich eine russische Querdenkerin, die sich als Selbstdenkerin bezeichnete, gefallen lassen.

Die Mehrzahl tauschte sich eher im kleinen Kreis aus. „Ich kenne viele Kollegen, denen es sehr schlecht geht“, ließ der Kirrlacher Rusticana-Wirt Roland Lehn wissen, der seit 58 Jahren in der Küche steht. Für ihn seien die Restriktionen nicht nachvollziehbar. „Die Gastronomie ist eine der virussichersten Branchen.“

„Unsere Politiker sind weltfremd, lassen uns hängen“, ärgert sich Marinko Dinkic vom „Adria“. In Großmärkten dürfen sich die Leute totdrücken, wir müssen dicht machen, obwohl wir die besten Schutzkonzepte haben.

Teilnehmer fordern klare Ansagen

„Wir verlangen nicht Öffnungen auf Kosten der Gesundheit: Es geht um verlässliche Ansagen, klare Kriterien und Bedingungen“, betonen auch Mitstreiterin Andrea Belle, Inhaberin des (geschlossenen) Fitness-Centers und Sprecherin Anita Medjed-Stumm, Inhaberin der (geschlossenen) Malschule).

Beide könnten jederzeit überzeugende Öffnungskonzepte vorlegen. In der dreistöckigen „Kraftwerkstatt“ hat inzwischen ein Drittel der Kunden die Mitgliedschaft gekündigt. „Die Kulturszene wird gerade gnadenlos ruiniert“, klagt die Chefin der privat geführten Kunstschule: „Mich trifft es als vollständiges Berufsverbot.“

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