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Antrag bei der Unesco

Badens Schnapsbrenner wollen Brennkunst zum immateriellen Kulturerbe machen

Schwarzwälder Kirschwasser ist bekannt. Doch die Kleinhersteller von Obstbränden aus Baden sind unter Druck. Jetzt wollen sie „handwerkliche Brennkunst“ zum immateriellen Kulturerbe der Unesco machen.

Flaschen mit verschiedenen Spirituosen stehen auf einem Tisch zum Verkauf.
Flaschen mit verschiedenen Spirituosen stehen auf einem Tisch zum Verkauf. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa/Archivbild

Die Badischen Schnapsbrenner machen mobil. Die Herstellung von Spirituosen sei im Mutterland des Kirschwassers für viele Kleinbrenner nicht mehr rentabel heißt es vom Branchenverband. Angesichts gestiegener Preise für Energie und Ausrüstung sei es nötig, die staatlich festgelegte Obergrenze für die Jahresproduktion zu erhöhen, fordert der Geschäftsführer vom Verband Badens Brenner, Klaus Lindenmann, in Appenweier (Ortenaukreis).

300 Liter sind nicht mehr auskömmlich, wir brauchen 500 Liter
Verbandschef Klaus Lindenmann
mit Blick auf die Mengenbegrenzung, die sich auf reinen Alkohol bezieht.

„300 Liter sind nicht mehr auskömmlich, wir brauchen 500 Liter“, sagt Lindenmann mit Blick auf die Mengenbegrenzung, die sich auf reinen Alkohol bezieht. Bei höheren Mengen könnten Betriebe rentabler arbeiten. Doch das allein reicht dem Verband noch nicht. Aus Baden-Württemberg kommt nämlich auch zeitgleich der Antrag, die „handwerkliche Brennkunst“ als immaterielles Kulturerbe bei der UN-Kulturorganisation Unesco anerkennen zu lassen.

Damit sollen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Allen voran geht es ums Geld. Gelingt die Anerkennung als immaterielles Kulturerbe, können leichter Fördermittel für die Erhaltung und Pflege des Handwerks akquiriert werden, wie Lindenmanns Verbandskollege Timo Anschütz betont. Doch nicht nur das. Mit dem Antrag wollen die Initiatoren Anschütz zufolge auch den Stolz auf die handwerkliche Tradition und das Bewusstsein für die kulturelle Bedeutung des Handwerks erhöhen und für den Tourismus „als einzigartige Attraktion“ der Region hervorheben.

Antrag dauert mindestens bis Mitte 2025

Davon verspricht sich der Verband auch wirtschaftliche Vorteile. So könne die besondere Anerkennung die Nachfrage nach den handwerklich erzeugten Produkten steigern und so die lokale Wirtschaft stärken. Und nebenbei wäre der Kulturerbestatus natürlich ein hervorragendes Marketinginstrument. Einziger Schönheitsfehler: Ganz so schnell wird das – wenn es denn überhaupt klappt – mit dem Kulturerbestatus nichts für die Brennerei. Zwar soll der Antrag, wie Anschütz verdeutlicht, noch im Oktober auf den Weg gebracht werden, aber bis alle Vorinstanzen und alle Stufen der Prüfung durchlaufen sind wird es dauern. Frühestens Mitte des Jahres 2025 könnte es dem Verband zufolge etwas werden mit einem Entscheid seitens der Unesco, die auch schon die Flößerei zum immateriellen Kulturerbe erhob.

Bundesfinanzministerium: Erhalt von Klein- und Obstbrennereien hat hohe Priorität

Kurzfristig muss den 6.500 Mitgliedern des badischen Regionalverbands also erst einmal anders geholfen werden. Der Verband setzt dafür auf die Erhöhung der erlaubten Produktionsmenge. Die Vertreter der Klein- und Obstbrenner – von denen es laut örtlicher Tourismus GmbH allein im Renchtal rund um Oberkirch mehr als 1.100 gibt – sehen in dieser Frage das Bundesfinanzministerium gefordert. Von dort heißt es: Der Erhalt von Klein- und Obstbrennereien habe eine hohe Priorität. Für diese Brennereien gebe es bereits Vergünstigungen. Zur Forderung erhöhter Brennkontingente erklärte ein Sprecher, eine Überprüfung dazu dauere „ergebnisoffen“ an. Ein Zeitplan wurde nicht mitgeteilt.

Schwarzwälder Kirschwasser oder Williamsbirne sind klassische Aushängeschilder der landwirtschaftlichen Brenner der badischen Region. Das Geschäft ist staatlich kontrolliert und deshalb mit viel Bürokratie verbunden. Wenn ein Brenner destilliert, muss er das vorher beim Zoll anmelden. Es geht dabei um die Branntweinsteuer und das Einhalten der Mengenbegrenzungen. Die Kleinbrenner, für die das Kontingent von 300 Liter reinen Alkohols pro Jahr gilt, zahlen nur eine verringerte Branntweinsteuer.

Das Bundesministerium für Landwirtschaft unterstützt explizit den Vorstoß, die Mengenbegrenzung anzuheben, um damit wirtschaftlicher arbeiten zu können. Da sie Obst von Streuobstwiesen verarbeiten, trügen die Brenner zur Artenvielfalt bei, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte.

Zudem seien für das Herstellen von Edelbränden moderne Brennanlagen nötig. „Diese Investitionen rechnen sich erst, wenn die Produktionsmöglichkeiten erweitert werden.“ Das Einrichten einer Brennerei kostet dem Verband zufolge rund 50.000 Euro, für das Ersetzen eines Brenngeräts seien rund 25.000 Euro fällig.

Die Ministeriumssprecherin erinnerte daran, dass die Kleinhersteller nach der Abschaffung des Branntweinmonopols in Deutschland Ende 2017 Vorteile einbüßten. Sie könnten nun nicht mehr Obstdestillate zu Garantiepreisen an den Staat abliefern.

„Seither muss die erzeugte Destillatmenge in Konkurrenz zu den größeren gewerblichen Brennereien in Deutschland oder aus anderen EU-Mitgliedstaaten in Form von Edelbränden vermarktet werden.“ Zahlreiche Brennereien gaben demnach bereits auf.

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