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Bundesumweltministerium zu Besuch

Statt Stuttgart kommt Bonn: Staatssekretärin informiert sich in Rastatt über PFC-Problematik

Die Kommunen in Mittelbaden fühlen sich beim PFC-Skandal alleingelassen. Eine Resolution an Ministerpräsident Winfried Kretschmann blieb bislang ohne Reaktion. Am Montag war zwar hoher politischer Besuch in der Region – aber der kam nicht aus Stuttgart.

Ein Mann und eine Frau vor einem Schaltkasten.
Moderne Filterntechnik: Stadtwerke-Chef Olaf Kaspryk erläutert Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter die Anlage mit Aktivkohle im Wasserwerk Rauental, die seit 2018 in Betrieb ist. Foto: Hans-Jürgen Collet

Bislang zahlt vor allem der Verbraucher die Zeche: Der PFC-Skandal in Mittelbaden hat gewaltige Ausmaße. Die problematischen Stoffe auf Ackerflächen und im Grundwasser verursachen hohe Kosten. Kommunen und Wasserversorger werfen dem Land vor, sich wegzuducken.

Bei einem Termin in der vergangenen Woche wurden die Gräben erneut sichtbar. Immerhin konnte der Rastatter Stadtwerke-Chef Olaf Kaspryk am Montag hohen politischen Besuch empfangen. Allerdings nicht aus Stuttgart.

Der Hilfeschrei war laut: Anfang Juni hatten sich 17 mittelbadische Kommunen an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) gewandt.

Die Oberbürgermeister und Bürgermeister forderten den Landeschef wegen der PFC-Belastung zum Handeln auf. „Es geht um das Menschenrecht auf gesundheitlich unbedenkliches Trinkwasser und die Verantwortung der Politik, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen“, heißt es in der Resolution. Widerhall hat das allerdings noch nicht gefunden. Eine Replik aus Stuttgart blieb bislang aus.

Rastatter Stadtwerke-Chef kritisiert „Schwarze-Peter-Spiel“

So begann das Kennzeichen der Limousine, die am Montag am Wasserwerk in Rauental vorfuhrt, auch nicht mit „S“, sondern mit „BN“ für Bonn, wo das Bundesumweltministerium seinen Sitz hat.

An Bord war die parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD). Als Gastgeber empfing sie der Rastatter Stadtwerke-Chef Olaf Kaspryk. Mitgebracht hatte die Staatssekretärin viele verständnisvolle Worte – aber auch die Aussicht, dass der Bund finanziell keinen großen Beitrag leisten könne.

Wir sind ziemlich alleingelassen worden.
Olaf Kaspryk, Stadtwerke-Chef

Kaspryk nutzte die Gelegenheit, um aus allen Rohren zu feuern. „Wir sind ziemlich alleingelassen worden“, sagte er zu Schwarzelühr-Sutter. Ein Schwarze-Peter-Spiel zwischen den verschiedenen politischen Ebenen helfe niemandem weiter.

Die Kosten für die Stadtwerke durch die PFC-Belastung bezifferte er aktuell auf eine Million Euro jedes Jahr. Über die Wassergebühren werde das „alles auf die Bürger abgewälzt“.

Ein Wasserrohr.
Aufwendig: Die Filteranlage im Wasserwerk Rauental hat 6,5 Millionen Euro gekostet. Foto: Holger Siebnich

Die Aktivkohle-Filteranlage im Wasserwerk Rauental habe innerhalb von drei Jahren rund eineinhalb Kilogramm PFC aus dem Wasser geholt.

Bei den Verbindungen gelten bereits minimale Spuren von einem Zehntel Mikrogramm pro Liter als bedenklich. „Das zeigt, was für eine Zeitbombe das ist und was für Mengen davon um uns herum liegen“, sagte Kaspryk.

Schwarzelühr-Sutter zeigte grundlegendes Verständnis für die schwierige Lage der Stadtwerke. „Wir nehmen das Problem ernst“, sagte sie. Konkrete Unterstützung konnte sie den Stadtwerken allerdings nicht in Aussicht stellen.

Sie verwies in diesem Fall auf die „klare Zuständigkeit“ des Landes. Unterstützung erhielt sie in dieser Einschätzung von der SPD-Bundestagsabgeordneten Gabriele Katzmarek: „Das Land ist verantwortlich.“

Groll auf Stuttgart ist noch größer geworden

Der Groll auf Stuttgart ist in Rastatt in den vergangenen Wochen noch größer geworden. Das Regierungspräsidium (RP) arbeitet derzeit an einem neuen Gewässer-Bewirtschaftungsplan für den Oberrhein. Obwohl es dessen Ziel ist, die Qualität sowohl von Oberflächengewässern als auch des Grundwassers zu bewahren oder zu verbessern, spielt das Thema PFC darin kaum ein Rolle.

Das RP argumentierte bei einer Besprechung am Freitag mit den Kommunen erneut, dass die Ursache der Belastung eine Bodenverunreinigung ist. Die Behörden gehen davon aus, dass die ursprüngliche Quelle Papierschlämme waren, die auf Äckern gelandet sind.

Deshalb müsse die Thematik auf Basis des Bodenschutzrechtes bearbeitet werden. Eine Einschätzung, die Rechtsanwalt Dieter Eckert, der die Stadtwerke beim Thema PFC berät, nicht für plausibel hält: „Der Bodenschutz hört dort auf, wo der Schadstoff ins Wasser eindringt.“

Schwarzelühr-Sutter wünscht sich, „dass ein Dialog mit dem Land zustande kommt, am besten vor Ort“. Kaspryk zeigte sich gewillt, den Verantwortlichen weiter auf die Füße zu stehen. In Stuttgart sei er mittlerweile ohnehin eine Persona non grata.

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