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Baden-Badener Finanzdienstleister

Corona-Krise und Shortseller-Attacke: Grenke AG will Lasten des schweren Jahres abschütteln

Der Baden-Badener Leasingkonzern Grenke hat ein kompliziertes Jahr hinter sich. Das hat seine Spuren in der Bilanz hinterlassen. Angesichts der Corona-Krise, eines Umbaus und eines möglichen Machtkampfes bleibt es für Grenke weiter brisant.

Die Grenke AG wurde im vergangenen Jahr vor allem durch eine Shortseller-Attacke erschüttert. Seitdem kämpft der Konzern aus Baden-Baden um Vertrauen der Anleger.
Die Grenke AG wurde im vergangenen Jahr vor allem durch eine Shortseller-Attacke erschüttert. Seitdem kämpft der Konzern aus Baden-Baden um Vertrauen der Anleger. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Am Ende der einstündigen Pressekonferenz, die die Grenke AG zur Vorstellung ihrer vorläufigen Geschäftszahlen ausrichtete, wünschte der Moderator den Medienvertretern einen hoffentlich nicht allzu verregneten Tag. Wenn man ein Bild bemühen möchte, das das komplizierte Jahr des Baden-Badener Leasingkonzerns beschreibt, es ist dieses: Grenke wartet darauf, dass sich die dunklen Wolken verziehen.

Das gilt für die Corona-Krise, vor allem aber für die Shortseller-Attacke vom September, von der sich Grenke bis heute nicht erholt hat. „Wir wurden jetzt monatelang auf Links gedreht“, sagte Finanzvorstand Sebastian Hirsch. Doch das hat Spuren hinterlassen. Bei der Vorstellung am Freitag präsentierten sich Hirsch und Vorstandsvorsitzende Antje Leminsky mit selbstbewussteren Tönen als noch in den Vormonaten. Man hat einiges getan nach dem Tiefschlag im Herbst.

Da hatte der britische Investor Fraser Perring mit seinem Unternehmen Viceroy Grenke ins Visier genommen. Ausgerechnet der Mann, der schon Wirecard angegriffen hatte. Auf 64 Seiten listete Viceroy Anschuldigungen an die Baden-Badener auf, die Rede war von Geldwäsche und Buchhaltungsbetrug.

Nach der Attacke änderte Grenke sein Franchise-Modell

Die Shortseller profitierten von dem Kurseinbruch bei Grenke, der vor der Attacke bei 55,05 Euro notierte hatte, Stand Freitagmittag lag der SDAX-Titel bei 34,37 Euro. „Wir steuern das Unternehmen nicht nach dem Kurs“, betonte Leminsky. „Wir sehen in dem Geschäftsmodell Potenzial und gehen davon aus, dass sich der Kurs früher oder später erholen wird.“

In Anbetracht der Gesamtsituation ist das ein gutes Ergebnis.
Sebastian Hirsch, Finanzvorstand

Vorerst muss der Konzern mit einem Einbruch des Gewinns für das Jahr 2020 leben. Der Nachsteuergewinn beträgt demnach 79,9 Millionen Euro, 2019 lag dieser noch bei 135,9 Millionen Euro. „In Anbetracht der Gesamtsituation ist das ein gutes Ergebnis“, betonte Finanzvorstand Hirsch. Man habe trotz Corona-Krise alle Mitarbeiter an Bord gehalten, zudem habe der Aufwand für die Risikovorsorge das Ergebnis belastet. Der Aufwand stieg von 133,3 Millionen Euro (2019) auf 216 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Die Eigenkapital-Quote liege weiter über dem unternehmensintern gesteckten Ziel von 16 Prozent (16,3). Die 17,5 Prozent (2019) sind nach Hirschs Darstellung nicht zu halten gewesen, und das lag an dem, was die Shortseller-Attacke im Herbst in Gang getreten hatte.

Neuer Leiter der Konzernrevision bei Grenke – der Name wird nicht genannt

In ihrer Analyse kritisierten Perring und Viceroy das Franchise-Modell Grenkes. Das nutzte Grenke nach seinem Börsengang seit dem Jahr 2003, um zu expandieren. Frühere Mitarbeiter sollten in anderen Ländern Franchise-Gesellschaften gründen, Grenke konnte nach einer bestimmten Zeit übernehmen. Das geschah laut Perring zu überhöhten Preisen, er warf den Vorwurf der Bereicherung in den Raum.

Das Modell habe sich bewährt, so Hirsch, und 20 bis 25 Prozent des Neugeschäfts ausgemacht. Nach den Vorwürfen aber sollen die Franchise-Gesellschaften nun bis 2022 vollständig als Tochterunternehmen integriert werden. „Wir haben sehr schnell entschieden, dass wir das so nicht stehen lassen wollen“, erklärte Leminsky.

Weitere Reaktionen bislang: Leminsky übernahm die Innenrevision, ein interner Geldwäsche-Koordinator sei installiert worden. Und seit zwei Wochen sei ein neuer Leiter der Konzernrevision an Bord, den Namen wollte Leminsky nicht nennen.

Machtkampf zwischen Firmengründer und Vorstand deutet sich an

Die Vorstandsvorsitzende selbst dürfte sich inmitten eines Machtkampfes befinden. Nach einem Gespräch mit Firmengründer Wolfgang Grenke schrieb die SZ, Grenke wolle sie am liebsten loswerden, er halte nicht viel von ihr. „Er hat mich sofort danach angerufen“, erklärte Leminsky nun. „Er hat klargestellt, dass er das nicht so sieht. Das Thema ist damit für uns erledigt.“

Das Thema dürfte spätestens zur Hauptversammlung im August wieder heißer werden. Dann soll Grenkes ältester Sohn den Firmengründer im Aufsichtsrat beerben.

Noch vor dem August ist der 17. Mai ein entscheidendes Datum für Grenke. Dann sollen die vorläufigen Zahlen testiert sein, also die Bestätigung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorliegen. „Es gibt keine Hinweise, dass es ein eingeschränktes Testat sein wird“, sagt Leminsky. Stand jetzt geht Grenke für 2021 von einem Nettogewinn zwischen 50 und 70 Millionen Euro aus.

Wir wollen gestärkt aus der Krisenphase hervorgehen.
Antje Leminsky, Vorstandsvorsitzende

„Wir haben die Veränderungen als Chance begriffen“, erklärte Leminsky. „Wir wollen gestärkt aus der Krisenphase hervorgehen.“ Dass sich die dunklen Wolken über Baden-Baden noch in diesem Jahr ganz verziehen, damit dürfte in der Konzernzentrale aber niemand rechnen.

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