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Iftar an der Enz

Beim Fastenbrechen in Pforzheim steht die Gemeinschaft im Vordergrund

Für gläubige Muslime endet bald der Fastenmonat Ramadan. In Pforzheim feiert der Ortsverein der Moschee „IGMG Ayasofya Camii“ das gemeinsame Fastenbrechen. Dabei geht es um mehr als die erste Mahlzeit des Tages.

Sadik Cindemir betet vor dem Fastenbrechen. Neben ihm sitzt Mümin Karaca, der Vorstand des Türkischen Eltern Vereins Pforzheim und Umgebung.
Gebet vor dem Fastenbrechen: Bevor er die erste Mahlzeit des Tages einnimmt, betet Sadik Cindemir (rechts) gemeinsam mit den anderen Gläubigen. Neben ihm sitzt Mümin Karaca, der Vorstand des Türkischen Eltern Vereins Pforzheim und Umgebung. Foto: Christel Manzey

Ein würziger Geruch liegt am Samstagabend in der Luft an der Enz in Pforzheim. Im Durchgang zur Ayasofya-Moschee herrscht geschäftiges Treiben. Zahlreiche Menschen haben sich dort versammelt, betreten oder verlassen die Moschee oder sitzen an langen Tischen in Zelten auf der Jörg-Ratgeb-Straße.

Vor ihnen stehen Datteln und Brotstücke, dazwischen unzählige Wasserflaschen. Der Pforzheimer Ortsverein der IGMG Ayasofya Camii hat gegen Ende des Fastenmonats Ramadan zum Iftar, dem gemeinsamen Mahl zum Fastenbrechen am Abend, eingeladen.

In einem der Zelte sitzt Sadik Cindemir. Für ihn ist es das erste große „Fastenbrechen an der Enz“. Er gehört erst seit rund einem Monat der Gemeinde an. Rund 800 Leute werden erwartet, sagt er.

Hier wird jeder mit offenen Armen empfangen.
Sadik Cindemir, Gläubiger

Gemeinschaft ist an diesem Abend besonders wichtig. Man kommt zusammen, über soziale und religiöse Grenzen hinweg. „Hier wird jeder mit offenen Armen empfangen“, betont Cindemir.

Gläubige sitzen im Keller der Ayasofya Moschee in Pforzheim, um das Fasten zu brechen.
Zuflucht: Weil es draußen regnet, haben sich einige Gläubige in den Kellerbereich der Ayasofya Moschee in Pforzheim zurückgezogen. Unter der Woche wird dort in der Regel das Fasten gebrochen. Foto: Christel Manzey

In der Moschee gibt es jeden Tag ein gemeinsames Fastenbrechen, erklärt er. Bei dieser großen Veranstaltung aber gehe es um Sichtbarkeit. Darum, Grenzen und Vorurteile zu überwinden.

Fröhlich um Cindemir herum springen seine beiden fünf und drei Jahre alten Töchter. Auch seine Frau Seda ist gekommen, um gemeinsam das Fasten zu brechen.

Ramadan endet am 20. April

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang essen und trinken gläubige Muslime während des Ramadan nichts. Wann genau der Zeitpunkt zum Fastenbrechen gekommen ist, zeigt Cindemir eine App.

Der Ramadan ist an diesem Wochenende schon beinahe vorüber. Noch bis Donnerstag, 20. April, dauert der Fastenmonat. Doch wie ist es, den ganzen Tag ohne Wasser und Nahrung auskommen zu müssen?

„Wenn man die ersten Tage überstanden hat, wird es leichter“, sagt Seda Cindemir. Jetzt, gegen Ende des Ramadan, spüre man den Hunger kaum noch. Der eigene Magen habe sich an das Weniger an Nahrung gewöhnt.

Genau darin sieht sie auch den Kern des Ramadan: dem Überfluss zu entsagen und den inneren Schweinehund zu reduzieren.

Der Verzicht auf etwas ist ein Gottesdienst, den wir leisten.
Seda Cindemir, Gläubige

„Der Verzicht auf etwas ist ein Gottesdienst, den wir leisten“, sagt sie. Darin sieht sie eine Parallele zum christlichen Fasten vor Ostern.

Im Gegensatz zur christlichen Fastenzeit aber findet der Ramadan jedes Jahr zu einem anderen Zeitpunkt statt. Wann gefastet wird, richtet sich nach dem Mondkalender. Im kommenden Jahr beginnt der Ramadan am 1. April und damit elf Tage früher als im Jahr 2023.

Menschen jeden Alters und jeder sozialer Schicht kommen zusammen

Unterdessen füllen sich die Zelte auf der Straße. Jugendliche sind emsig damit beschäftigt, Essen zu servieren. Jeder packt mit an.

Neben Wasser und Datteln – der Überlieferung nach hat der Prophet Mohammed damit sein Fasten gebrochen – gibt es Suppe, Joghurtdip und Gulasch. Einfache Gerichte, die aber lecker schmecken. „Beim Fastenbrechen geht es nicht um Außergewöhnliches oder Extravaganz“, sagt Sadik Cindemir.

Auf einem Tisch steht in einer weißen Verpackung ein Essen zum Fastenbrechen.
Keiner bleibt hungrig: Für alle Teilnehmer des Fastenbrechens in Pforzheim gibt es neben Datteln und Brot auch ein warmes Abendessen. Foto: Christel Manzey

Das Essen kommt von einem Caterer, erklärt er. Zum Selbstkochen seien es einfach zu viele Portionen. Wer will, kann sich das Essen auch mitnehmen und zu Hause essen. Aber gerade an diesem Abend steht für die allermeisten Besucherinnen und Besucher die Gemeinschaft im Vordergrund. Um 20.18 Uhr beginnt mit einem Gebetsruf das Fastenbrechen. Sadik Cindemir beißt vorsichtig in eine Dattel. Wenn er arbeitet, fastet er nicht so streng, räumt er ein, das lasse sich mit seinem Berufsalltag nicht vereinbaren.

Beim Fastenbrechen geht es nicht um Außergewöhnliches oder Extravaganz.
Sadik Cindemir, Gläubiger

Jeder muss mit sich selbst ausmachen, ob er fasten will oder kann, erklärt er. Seine Frau sei strenger als er. Sie schaffe es, den ganzen Tag nichts zu essen oder zu trinken.

Die beiden Töchter des Paares fasten noch nicht, das sei erst ab der Pubertät üblich. Allerdings versuchen die Eltern, sie behutsam an das Thema Fasten heranzuführen. So ermuntere er sie, einige Zeit am Tag auf Süßigkeiten zu verzichten, sagt Sadik Cindemir. Ganz klappe das aber nicht immer, räumt er mit einem Lachen ein.

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