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Diskussion um Flüchtlinge

Erstaufnahme in Pforzheim: Boch wertet Hagers Kritik als Bestätigung für seinen Kurs

OB Peter Boch (CDU) kämpft weiter für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Pforzheim. Am Montag versuchte er, Kritik seines Amtsvorgängers Gert Hager (SPD) zu entkräften.

Oberbürgermeister Peter Boch bei seiner Rede beim Neujahrsempfang der Stadt im Congresscentrum Pforzheim (CCP).
Auch seine Rede beim Neujahrsempfang der Stadt am Samstag nutzte Oberbürgermeister Peter Boch (CDU), um für die Erstaufnahme zu werben. Foto: Ljiljana Berakovic/Stadt Pforzheim

Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) begrüßt nach eigenem Bekunden die aktuelle Debatte um das Für und Wider einer möglichen Erstaufnahmestelle des Landes Baden-Württemberg in Pforzheim. „Lassen Sie uns diese Debatte offen, sachlich, aber auch in der gebotenen Sorgfalt führen“, lässt sich der Rathauschef am Montag in einer städtischen Pressemitteilung zitieren.

Bereits beim Neujahrsempfang der Stadt Pforzheim hatte er zu einer offenen und transparenten Diskussion im Gemeinderat und bei öffentlichen Veranstaltungen aufgerufen. Seine Ankündigung kurz vor Weihnachten, das Land die Bader-Immobilie im Brötzinger Tal zu diesem Zweck untersuchen zu lassen, hatte weithin für Überraschung gesorgt. Seither bekommt er aus mehreren Richtungen politischen Gegenwind.

Pforzheimer OB Boch deutet Hagers Kritik um

Am vergangenen Freitag hatte sich der frühere Oberbürgermeister Gert Hager (SPD) in die Debatte eingeschaltet. Unter anderem hatte er davon berichtet, bereits 2015/16 ausgelotet zu haben, ob sich die Einrichtung einer Erstaufnahmestelle mit der Zusage der Landesregierung verbinden ließe, deutlich weniger Asylbewerber in die Stadt zu schicken. Laut Hager habe sich die Landesregierung „in keinster Weise“ darauf eingelassen.

Was Bochs vorherige Argumentation entkräften sollte, wonach heute wegen der veränderten Zuteilungsquote mehr als 1.000 Flüchtlinge weniger in Pforzheim wären, wenn schon damals jemand eine Erstaufnahmeeinrichtung in der Stadt organisiert hätte, versucht Boch nun für seinen aktuellen Vorstoß umzudeuten. Er sehe Hagers Ausführungen als Bestätigung für den jetzigen Kurs des Rathauses.

„Die Rathausspitze hat damals offensichtlich in der Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle ebenfalls eine Möglichkeit gesehen, eine Vereinbarung mit dem Land zu einer Zuteilungsquotenreduzierung zu erzielen“, so wird Boch zitiert. Dies sei nach eigenem Bekunden Hagers nicht gelungen, die Planungen seien daher nicht weiterverfolgt worden.

Eine deutliche Verringerung der Zuteilungsquote der Asylsuchenden nach Pforzheim ist die Voraussetzung für die Einrichtung einer EA.
Peter Boch, Oberbürgermeister

„Heute stellt sich die Lage doch komplett anders dar“, betont Boch. „Wir haben es mit einer Landesregierung zu tun, die bereit ist, die Zuteilungsquote der Asylsuchenden nach Pforzheim deutlich zu reduzieren.“ Gleichwohl muss er einräumen: Die konkrete Zahl dazu müsse noch ausgehandelt werden müsse.

Es gebe aber „keinen Zweifel“ an der grundsätzlichen Bereitschaft des Landes, Pforzheim das „EA-Privileg“ zukommen zu lassen. „Eine deutliche Verringerung der Zuteilungsquote der Asylsuchenden nach Pforzheim ist die Voraussetzung für die Einrichtung einer EA“, stellt der Rathauschef klar. Ohne eine klare Vereinbarung dazu werde es keine Unterstützung der Stadt zu den Planungen geben.

Wann das „EA-Privileg“ greift, ob bereits beim Beschluss oder erst bei Inbetriebnahme, ließ Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) vergangene Woche bei einer Diskussion in Pforzheim offen. Dies sei Gegenstand der Verhandlungen. Zudem betonte er, dass das Privileg nicht für Ukrainer gelte. Diese könnten hinziehen, wo sie wollen.

Boch: Integration ist größere Herausforderung als temporäre Unterbringung

Rund 1.000 Plätze könnte es in der Einrichtung im Brötzinger Tal geben. Laut Hager jeden Monat 1.000 Plätze für erst kurz vorher nach Deutschland gekommene Asylbewerber. Gegner einer Erstaufnahmestelle führen unter anderem an, dass die Stadtgesellschaft eine so hohe Zahl an Flüchtlingen nicht vertrage. Diese würden kaum den ganzen Tag im Brötzinger Industriegebiet verbringen.

Boch meint: „Dieses Argument greift zu kurz.“ Für Pforzheim als Stadt mit hohem Migrationsanteil seien die hohen Zuteilungen von Asylsuchenden durch das Land Baden-Württemberg eine Herausforderung, der Trend zeige hier weiter nach oben. „Diese Entwicklung ist es, die unsere Stadtgesellschaft herausfordert. Nicht nur weil uns die Unterkünfte ausgehen, sondern weil sich die Integration der Menschen angesichts solch steigender Zahlen immer schwieriger gestaltet – einschließlich der Integration in die Kinderbetreuungs- und Bildungsinfrastruktur der Stadt.“ Dies sei das eigentliche Problem.

Der Oberbürgermeister räumt ein: „Sicherlich bringt auch die temporäre Unterbringung von Menschen in einer Erstaufnahmestelle einige Herausforderungen mit sich.“ Eine viel größere Herausforderung liegt ihm zufolge aber in den „gewaltigen Aufgaben“, die mit der Integration dauerhaft hier lebender Menschen bei weiter steigenden Zahlen verbunden sind.

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