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Initiative gegen Rechts

Ukrainische Zwischentöne: 200 Menschen demonstrieren in Pforzheim gegen den Faschismus

Scharfe Kritik übten die Veranstalter der Gegendemonstranten an der Stadtverwaltung und am militanter werdenden Ton einiger Spitzenpolitiker im Krieg in der Ukraine. Das gefiel nicht jedem.

Zeichen gegen Rechts: SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast (rechts) führte den Tross der Gegendemonstranten an. Dabei kritisierten die Veranstalter auch ihre eigene Fraktion.
Zeichen gegen Rechts: Die Bundestagsabgeordneten Stephanie Aeffner (Grüne, Zweite von rechts) und Katja Mast (SPD, rechts) führten den Tross der Gegendemonstranten an. Dabei kritisierten die Veranstalter auch Masts eigene Fraktion. Foto: Sebastian Kapp

Abseits der Demonstranten stehen Alona Mazigwa und ihre Begleiter. Kurz mischen sie sich in den Tross aus Vertretern von Gewerkschaftlern, Sozialdemokraten, Grünen, Linkspartei, Omas gegen Rechts, Wir in Pforzheim und noch vielen weiteren Gruppen der politischen Linken. Antifaschisten, das seien sie ja auch. Dann ziehen sie sich aus dem Marsch der „Initiative gegen Rechts“ (IgR) am 23. Februar wieder zurück. Als würden sie nicht wirklich in diese Gruppe hineinpassen.

200 Menschen demonstrieren gegen Rechts

Wie jedes Jahr hatte die IgR wieder zur Gegendemonstration gegen den Fackelaufmarsch der teils mit Rechtsextremen bestückten Gruppe „Ein Herz für Deutschland“ aufgerufen. Rund 200 Menschen waren diesem Aufruf gefolgt. Diesmal ging der Weg nicht hoch bis zum Wartberg, sondern nur bis zum Marktplatz, vorbei an drei Stolpersteinen, die an die Opfer des Nationalsozialismus in Pforzheim erinnern.

Jürgen Schroth vom DGB wurde dann auch nicht müde, zum Auftakt des Marsches zu betonen: „Wir sagen: Nie wieder Faschismus, nie wieder Rassismus.“ Und weiter: „Faschisten belassen es nicht bei Fackeln. Rechtsradikale erschießen auch Menschen, die sie nicht wollen.“

Der Ton vieler Politiker wird immer militanter.
Jürgen Schroth, DGB

Botschaften, die Alona Mazigwa aus dem ukrainischen Charkiw eigentlich gut findet. „Russland ist ein Terrorstaat“, sagt sie, „Russland ist ein faschistischer Staat“. Die Ukraine „verteidige nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt“.

Nur geht sie eben nicht mit dem mit, was Schroth danach noch sagte: „Der Ton vieler Politiker wird immer militanter.“ Er sprach sich explizit gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. „Wie viele Tote muss es noch geben, damit endlich verhandelt wird.“ Wer genau das verhindert? Das sei „eigentlich auch egal“. Jedes Land habe das Recht auf ein eigenes Staatsgebiet. „Diejenigen, die am lautesten nach Waffen schreien sind nicht die, die in den Schützengräben kämpfen.“

Auch Alona Mazigwa und ihre Freunde kämpfen nicht an der Front. Sie sind einfach nur da. „Wir erwarten Solidarität, Hilfe, Verständnis und Unterstützung“, sagt sie dieser Redaktion. Sie seien hier, um daran zu erinnern.

Demonstranten ziehen schweigend am Platz der Synagoge vorbei

Ansonsten bleibt es friedlich rund um den Demonstrationszug. Friedlich und am Platz der Synagoge auch still. Dort hatte man die Demonstration ursprünglich starten wollen, auf Wunsch des Gemeinderates wurde der Start allerdings an die Erinnerungsstele für den Pforzheimer Widerstand gegen die Nazis an der Bahnhofsstraße gesetzt. „Ich bitte euch, dort ruhig vorbeizugehen“, sagte Schroth vor dem Start.

Nur dreimal ließ sich der Zug stoppen, gezielt. Denn zum Gedenken an Opfer des Holocausts hielten die Demonstranten an Stolpersteinen, Hans Mann von der Initiative Stolpersteine erzählte die Geschichten hinter den Namen auf den Messingschildern. Etwa die Geschichte von Lina Strimpel, die einen Schuhladen nahe der heutigen Jägerpassage besessen hatte, nach Gurs deportiert wurde und schließlich 1945 in Frankreich starb. Ihr Mann Josef hatte das Glück, befreit worden zu sein und wanderte schließlich in die USA aus.

Schweigeminute für die Opfer von Kriegen auf dem Marktplatz

Auf der Kundgebung kritisiert schließlich Christian Schmidt von der IgR die Stadtverwaltung. Dafür, dass sie bei den Corona-Demos zulange weggeschaut habe. „Man hat diesen Demonstranten über zwei Jahre eine Netzwerkveranstaltung ermöglicht“, sagt er, fordert von der Verwaltung mehr Aktivität im Kampf gegen Rechts und mehr Transparenz. Schließlich ruft er zu einer Schweigeminute für die Toten in Kriegen auf, damals wie heute.

Die kleine ukrainische Gruppe ist da längst weitergezogen. Man habe sich gezeigt, weiter gehe es bei den nächsten linken Demonstrationen in der Region, etwa in Stuttgart.

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