Skip to main content

Nach behutsamer Pflege droht die Belastungsprobe

Kraichgauer Fußballplätze im Lockdown: Selbst der Rasen vermisst die Sportler

Striegeln, Vertikutieren, Aerifizieren, Düngen, Mähen – Platzwarte halten bei vielen Vereinen in der Region den Spielbetrieb am Laufen. Doch was, wenn monatelang nicht gespielt wird? Das hat Vor- und Nachteile, berichten die Ehrenamtlichen.

Fußballplatz des FC Weiher, Bruno Meister bei der Rasenpflege;
Mäharbeiten: Bruno Meister vom FC Weiher während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr bei der Rasenpflege. In einigen Gemeinden kümmern sich die Vereine selbst um ihre Plätze. Foto: Jochen Blum

Bruno Meister kommt gerade vom Sportplatz in Weiher zurück nach Hause und ist höchst erfreut über das, was er in seinem „zweiten Wohnzimmer“ gesehen hat. „Die Plätze sind in einem sehr guten Zustand“, berichtet der 81-Jährige, der höchste Ansprüche an das Grün bei seinem Heimatverein FC Weiher hat, für den er seit mittlerweile mehr als 60 Jahren aktiv ist. Schließlich sollen die Fußballer beste Bedingungen vorfinden, wenn sie irgendwann im Frühjahr auf die Plätze zurückkehren.

Milder Winter war für die Regeneration von Vorteil

Dass seit Oktober nicht mehr gespielt werden kann, ist der Hauptgrund für die gute Qualität der Plätze. Denn intensive Nutzung in Verbindung mit Frost und Nässe im Wechsel, so wie es aktuell der Fall wäre, wenn trainiert werden dürfte, sind Gift für jeden Rasen. Ergebnisse wären holprige „Kartoffeläcker“ nach der Winterpause, wie sie kein Sportler möchte. Nach dem Lockdown dürfte es davon im ganzen Fußballkreis so gut wie keinen geben, vielerorts wird davon berichtet, dass die Plätze so gut sein dürften wie selten zuvor.

Ob nun Über- oder Unterbelastung – es wird auf jeden Fall spannend
Bruno Meister, Platzwart beim FC Weiher

Auch der bis Weihnachten sehr milde Winter spielte dabei eine Rolle, denn so konnte das nach der Saisonunterbrechung Ende Oktober eingesäte Gras auf kahlen Stellen gut wachsen. Im Rasen sind die Löcher also geflickt, während sich in den Kassen der Vereine selbige zunehmend auftun. Langfristig könnte das auch Auswirkungen auf die Qualität der Plätze haben, denn die Pflege ist teuer. Wichtige Maßnahmen könnten dort wegfallen, wo sich die Clubs selbst um ihr Geläuf kümmern müssen. Von Gemeinde zu Gemeinde ist das höchst unterschiedlich geregelt.

Saison müsste innerhalb kurzer Zeit beendet werden

Auch beim TSV Zaisenhausen kümmert man sich selbst. Und seit 38 Jahren ist dafür Gerhard Stauch zuständig, der bei der Platzpflege sogar von „einer Philosophie für sich“ spricht. Striegeln, Vertikutieren, Aerifizieren, Düngen, Sand einbringen und natürlich das Mähen gehören zu den Aufgaben, die der 74-Jährige ehrenamtlich betreut. Erst kürzlich wurde der neue Trainingsplatz eingeweiht – eine Hybridform, bei der Naturrasen mit künstlichen Fasern verstärkt wird und damit belastbarer ist.

Diese Belastbarkeit könnte nämlich im Frühling zum Problem werden, sollte die Infektionslage eine Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb zulassen. Denn soll die Saison zu Ende gespielt werden, wollen das alle gleichzeitig innerhalb kürzester Zeit tun: Herren-, Frauen- und Nachwuchsmannschaften. Es würde zur Belastungsprobe für jeden Platz – und sei er aktuell in noch so einem guten Zustand.

Auch Unterbelastung führt zu Problemen

Doch auch das Gegenteil könnte der Fall sein: Der Lockdown wird noch mehrmals verlängert und die Runde abgebrochen. Dann wären die Plätze noch einige Monate unbenutzt. Die Platzwarte warnen davor. „Spieler mit ihren Stollen sind, wenn man so will, Vertikutierer auf zwei Beinen“, sagt Stauch. Sie entfernen beim Bolzen Moose und andere Überreste und fördern so die Belüftung des Bodens. Fällt das weg, kann es zu Pilz- oder Wurmbefall kommen. „Ob nun Über- oder Unterbelastung – es wird auf jeden Fall spannend“, sagt Meister vom FC Weiher.

Der Platzwart hofft, dass bald wieder Leben auf der Vereinsanlage einkehrt, denn dafür macht er schließlich die Arbeit. „Wenn ich momentan am Sportplatz bin, sehe ich keinen Menschen, nicht mal ein Kind. Das ist schon traurig“, sagt Meister. Die Plätze sehnen sich genau wie er nach der Rückkehr der Sportler. Bereit wären sie jedenfalls, wenn es wieder losgeht.

nach oben Zurück zum Seitenanfang