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„Too Good to Go“

Warum Ettlinger Betriebe ihre Restwaren per App vor der Tonne bewahren

Mehrere „Magic Bags“ gehen in Ettlinger Geschäften abends über die Theke. Reservieren kann man die Überraschungspakete per App. Darin enthalten sind Lebensmittel, die nicht verkauft werden konnten.

Übergabe: Der 21-jährige Pablo nimmt in der Badischen Backstub’ in der Ettlinger Kronenstraße seinen „Magic Bag“ mit Backwaren entgegen, den er zuvor per App reserviert hat.
Übergabe: Der 21-jährige Pablo nimmt in der Badischen Backstub’ in der Ettlinger Kronenstraße seine „Magic Bag“ mit Backwaren entgegen, die er zuvor per App reserviert hat. Foto: Julia Trauden

Nur wenige Schritte trennen Pablo noch von seiner „Magic Bag“. Wartend steht der 21-jährige Student am Montagabend in der Filiale der Badischen Backstub’ in der Ettlinger Kronenstraße, den Blick auf sein Smartphone gerichtet.

Es ist 18.15 Uhr, in einer Viertelstunde schließt die Filiale. Die Auslagen sind weitestgehend leer, ein paar Berliner und Kuchenstücke liegen dort noch, einige Baguettes und eine Handvoll Brote.

Jetzt ist Pablo dran. Er zeigt sein Smartphone vor, auf dem eine Bestellnummer zu sehen ist, und bekommt im Gegenzug drei Papiertüten mit Backwaren.

Zwei süße Teilchen sind in der einen, fünf Brötchen in der anderen, ein Laib Brot in der dritten Tüte. Eine üppige Ausbeute – und ein echtes Schnäppchen.

Vier Euro kostet der „Magic Bag“ mit Backwaren Student Pablo

Vier Euro zahlt Pablo für das Gesamtpaket, das er vorab über die App „Too Good to Go“ (Zu gut für die Tonne) geordert hat– ohne zu wissen, was genau drin ist.

Pablo nutzt die Essens-App zum ersten Mal, „aus Neugierde“, wie er sagt. Eine Freundin habe ihn auf die Idee gebracht. „Ich dachte, ich probier’s mal, schlecht kann’s ja nicht sein“, sagt der junge Mann, der in Ettlingen wohnt.

In Ettlingen sind etwa ein Dutzend Geschäfte bei „Too Good to Go“ registriert. Darunter neben der Badischen Backstub’ auch der GöPi-Bioladen, die Schlotti Salatbar, Köhler’s Landbäckerei in Ettlingen-West oder der Rewe-Shop an der Aral-Tankstelle am Seehof.

In jeder Bäckerei entstehen Retouren. Das ist leider unumgänglich.
Susanne Schied, Geschäftsführerin Badische Backstub’

Die Idee hinter dem Angebot: Essen, das sonst weggeworfen werden müsste, kurz vor Ladenschluss reduziert verkaufen. Mehr als 16.800 Betriebe machen nach Angaben von „Too Good to Go“ deutschlandweit mit.

In der Badischen Backstub’ in der Kronenstraße werden laut Verkäuferin Pamuk Akar sechs Magic Bags pro Abend ausgegeben. Was darüber hinaus übrig bleibe, gehe zurück an die Zentrale des Bäckereibetriebs in Ettlingen.

Mit etwa zehn Prozent Ware, die am Ende des Tages nicht verkauft werden kann, müsse man in einer Bäckerei rechnen, sagt Susanne Schied, Geschäftsführerin der Badischen Backstub’. „In jeder Bäckerei entstehen Retouren. Das ist leider unumgänglich.“

Was nicht verkauft wird, wird manchmal auch zu Futtermittel

Durch die App „Too Good to Go“, die die Badische Backstub’ seit 2019 und inzwischen in allen 31 Filialen nutze, könne der Anteil reduziert werden. Aber auch die restliche Retoure lande nicht zwangsläufig im Abfall.

„Wir haben viele private Organisationen, die Retouren abholen, um sie an Bedürftige zu vergeben“, erzählt Schied.

Außerdem holten etwa Vereine die noch genießbaren Produkte ab. Manches werde auch zu Futtermittel für Tiere verarbeitet. „In den Müll wandert am Ende vielleicht ein Prozent.“

Ein bisschen Glück gehört auch dazu

Auch im GöPi-Bioladen „wird nichts weggeworfen“, sagt Mitarbeiterin Maria Demarco. Wie die Badische Backstub’ nutzt der Markt „To Good to Go“.

Drei Kisten stehen am Montagabend kurz vor Ladenschluss für die Abholung von „To Good to Go“ bereit. Das darin enthalten Gemüse, Obst und Brot sieht noch gut aus – im Vergleich zu den Stangen in der Auslage lässt der Stangensellerie aber etwas die Blätter hängen.

Eine junge Mutter aus Herrenalb sichert sich gleich zwei Kisten für jeweils vier Euro: Eine für ihre Familie, eine für ihre Eltern.

Reiche Ausbeute: Eine „Überraschungskiste“ mit Gemüse, Obst und Brot gab es mit der „Too Good to Go“-App bei GöPi in Ettlingen.
Reiche Ausbeute: Eine „Überraschungskiste“ mit Gemüse, Obst und Brot gab es mit der „Too Good to Go“-App bei GöPi in Ettlingen. Foto: Julia Trauden

Das Angebot nutze sie regelmäßig, sagt sie, „aber es ist gar nicht so leicht, was zu bekommen“. Denn die Überraschungstüten in der App sind immer schnell ausgebucht.

Das Gemüse will sie am nächsten Abend verwerten, die Brötchen und das Obst bekommen die Kinder als Vesper mit in die Schule.

Wir haben inzwischen ganz viele Stammkunden.
Jasmin Schlotterer, Schlotti Salatbar

Mittagessen gesichert: Dieses Paket aus belegten Brötchen, Butterbrezeln und einem Thunfischwrap hat Yan Yu in Schlottis Salatbar abgeholt.
Mittagessen gesichert: Dieses Paket aus belegten Brötchen, Butterbrezeln und einem Thunfischwrap hat Yan Yu in Schlottis Salatbar abgeholt. Foto: Julia Trauden

Auch die 41-jährige Yan Yu ist „To Good to Go“-Stammkundin. Sie holt sich am Dienstag um halb zwei ihr Mittagessen für sich und ihren Mann in der Schlotti Salatbar in Ettlingen ab. Ein Thunfischwrap, zwei belegte Brötchen und drei Butterbrezeln sind im Paket.

Um Geld zu sparen, nutze sie das Angebot, erklärt die Chinesin, die in Ettlingen wohnt, „aber die Produkte sind auch einfach gut“

Vier Euro zahlt sie für ihren „Magic Bag“, knapp drei Euro davon bleiben bei der Salatbar, der Rest geht an die App-Firma. Seit drei Jahren nutze sie die App, inzwischen „haben wir ganz viele Stammkunden“, sagt Inhaberin Jasmin Schlotterer.



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