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Gala in Hamburg

Im Gourmet-Himmel über Baden sind gleich sechs Michelin-Sterne erloschen

Michelin vergibt für 2024 so viele Sterne an deutsche Gourmetküchen wie nie zuvor. Baden-Württemberg aber büßt seinen Spitzenplatz ein.

Ein Mann hält einen roten „Guide Michelin“ in der Hand.
In Deutschland sind etwa zwei Dutzend Testerinnen und Tester anonym im Einsatz. Der Vergabe der begehrten Sterne liegt ein einheitliches Bewertungssystem zugrunde. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Die schlechte Nachricht zuerst: Baden-Württemberg ist 2024 nicht mehr das Bundesland mit den meisten Michelin-Sternen.

Bei der Verleihung der wahrscheinlich wichtigsten Auszeichnung in der Kochbranche am Dienstagabend in Hamburg setzte sich Bayern klar an die Spitze in Deutschland.

Baden-Württemberg verliert die Top-Position

In der neuesten Ausgabe des „Guide Michelin“ sind für Baden-Württemberg insgesamt 73 Adressen mit einem oder mehreren Sternen aufgelistet. In Bayern gibt es 79 besternte Lokale.

Damit verliert Baden-Württemberg zum ersten Mal nach vielen Jahren seine Top-Position.

340 Betriebe sind im neuen „Guide“ mit roten Sternen dabei

Für Fans der Spitzen-Gastronomie gibt es aber auch eine gute Nachricht: Obwohl auch die Gastro-Branche mit Fachkräftemangel, steigenden Einkaufspreisen, Inflation und höheren Energiekosten zu kämpfen hat, gibt es in Deutschland so viele Sterne-Restaurants wie nie zuvor.

Wir sind selbst erstaunt über den neuen Rekord.
Ralf Flinkenflügel
Direktor des deutschsprachigen „Guide Michelin“

Insgesamt 340 Betriebe können sich in diesem Jahr mit mindestens einem Stern des Gourmetführers „Guide Michelin“ schmücken.

Die Menge an herausragenden Restaurants hat auch den Direktor des „Guide Michelin“ für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel, überrascht. „Wir sind selbst erstaunt über den neuen Rekord. Es gab noch nie so viele Sterne in Deutschland.“

Baiersbronn bleibt bundesweit einmalig

Die badische und die württembergische Gourmet-Szene wird die Sterne-Verteilung der Michelin-Inspektoren wohl verkraften können. Denn im deutschlandweiten Vergleich schneidet das Bundesland immer noch sehr gut ab.

In Sachen Sterndichte kann dem Landkreis Freudenstadt ohnehin niemand das Wasser reichen. Die 15.000-Seelen-Gemeinde Baiersbronn, in der mit dem „Restaurant Bareiss“ (Küchenchef Claus-Peter Lumpp) und der „Schwarzwaldstube“ (Küchenchef Torsten Michel) auch weiterhin zwei Drei-Sterne-Häuser beheimatet sind, bleibt bundesweit unerreicht.

Claus-Peter Lumpp (links), Küchenchef des Restaurant „Bareiss“ in Baiersbronn, und Torsten Michel, Küchenchef der „Schwarzwaldstube“. Beide Restaurants haben drei Sterne.
Claus-Peter Lumpp (links), Küchenchef des Restaurant „Bareiss“ in Baiersbronn, und Torsten Michel, Küchenchef der „Schwarzwaldstube“. Beide Restaurants haben drei Sterne. Foto: Uli Deck/dpa

Hinzu kommen noch die Restaurants „1789“ mit Küchenchef Florian Stolte und der „Schlossberg“, in dem das Vater-und-Sohn-Gespann Jörg und Nico Sackmann kocht. Auch sie konnten ihren Stern für 2024 verteidigen.

Alles gut im Südwesten? Fast!

Alles gut also im Südwesten – könnte man meinen. Für die Sterne-Lokale in unserer Region ändert sich, bis auf eine Ausnahme, nichts. Doch Baden, das im Vergleich mit Württemberg in der Vergangenheit immer als der Sterne-Primus dastand, musste trotzdem ein paar bittere Pillen schlucken.

Sechs der sieben Restaurants, die von der aktuellen Sterne-Liste gestrichen wurden, sind im Badischen beheimatet. Darunter ist auch das Restaurant „zeit|geist“ in Weingarten bei Karlsruhe, das seinen Stern aberkannt bekam.

Das kommt allerdings nicht ganz überraschend. Küchenchef Sebastian Syrbe verfolgt für sein Lokal inzwischen ein anderes kulinarisches Konzept.

In der höchsten Kategorie bleibt Baden top

Auch die anderen Streichungen haben einen eher profanen Hintergrund. Weil sie wegen Umbauten in den Jahren 2023 und 2024 temporär oder zum Teil auch ganz geschlossen haben, verloren „s’Äpfle“ in Bodman-Ludwigshafen, das „Hirschgasse – Le Gourmet“ in Heidelberg, das „Marly“ in Mannheim und das „Gasthaus zum Raben“ in Horben bei Freiburg den Stern.

Mehrere Ausgaben des Restaurant-Führers „Le Guide Michelin“ liegen bei der Präsentation auf einem Tisch.
Der „Guide Michelin“ für Frankreich wurde bereits in der vergangenen Woche vorgelegt. Foto: Christian Böhmer/dpa

Das Lokal „Siedepunkt“ in Ulm legt ausweislich seiner Webseite gerade eine „kreative Pause“ ein.

Damit hat sich die Anzahl der badischen und württembergischen Ein-Sterne-Häuser ungefähr angeglichen. Was Zwei- und Drei-Sterne-Lokale angeht, bleibt Baden aber weiterhin vor Württemberg.

In Baden-Württemberg kamen fünf neue Sterne-Küchen dazu

Die neue Ausgabe des Gourmetführers, den es auch digital als App gibt, dürfte in fünf Häusern im Südwesten besonders lauten Jubel auslösen. Sie wurden für 2024 neu ausgezeichnet.

In der Liga der Zwei-Sterne-Lokale kocht ab sofort das Team des „SEO Küchenhandwerk“ in Langenargen direkt am Bodensee. Küchenchef Roland Pieber und Souschefin Kathrin Stöcklöcker überzeugten die anonymen Testesser mit ihren Acht-Gänge-Menüs.

Vier weitere Restaurants können sich über einen neuen Stern freuen: das „Restaurant 1950“ in Hayingen (Kreis Reutlingen), „Zur Weinsteige“ in Stuttgart, „Cédric“ in Weinstadt (Rems-Murr-Kreis) und das „Jacobi“ in Freiburg.

Sternekoch mit gerade einmal 25 Jahren

Cédric Staudenmayer, der das frisch besternte Restaurant seines Vornamens in Weinstadt führt, gehört zu den jüngsten Spitzenköchen in Deutschland. Mit gerade einmal 25 Jahren erkochte er mit seinem Teams den ersten Stern.

Zusätzlich wurde er in Hamburg mit dem Young-Chef-Award geehrt. Die Testesser überzeugte er mit seiner „regional-saisonal beeinflussten modernen Küche“.

Roter und grüner Stern für das „Jacobi“ in Freiburg

Nachdem im vergangenen Jahr in Freiburg gleich drei Restaurants neu mit einem Stern ausgezeichnet wurden, kommt 2024 ein weiteres hinzu: das „Jacobi“. Dort wird das Team um Christoph Kaiser mit einem klassischen roten und zusätzlich mit einem grünen Stern geehrt.

Koch präsentiert Teller
Andreas Schäuble vom „Bergfriedel“ in Bühlertal hat schon lange den grünen Stern der Nachhaltigkeit. Foto: Bernhard Margull

Grüne Sterne werden seit vier Jahren vergeben und sollen laut Michelin eine besonders nachhaltige Küche hervorheben. Gekocht wird beispielsweise mit saisonalen und regionalen Zutaten sowie Fleisch aus artgerechter Tierhaltung. Zu den aktuell 77 Restaurants mit einem grünen Stern gehören in unserer Region das „Erasmus“ in Karlsruhe und „Bergfriedel“ in Bühlertal.

10.10.2023 Marcello Gallotti Inhaber "Erasmus" macht Pasta mit Granatapfelkernen
Küchenchef Marcello Gallotti hat einen grünen Stern für sein Restaurant „Erasmus“ in Karlsruhe. Foto: Rake Hora

Neben dem „Jacobi“ gibt es bundesweit ein weiteres Restaurant, das 2024 einen roten und einen grünen Stern erhielt: das „Zwanzig23 by Lukas Jakobi“ in Düsseldorf.

Stuttgart bleibt Spitzenreiter

In Stuttgart sammeln sich mit neun Adressen weiter die meisten Sterne-Restaurants in einer Stadt im Südwesten. Die „Speisemeisterei“ behält ihre zwei Sterne. „ZUR WEINSTEIGE“ erhält in diesem Jahr neu einen Stern, sieben weitere verteidigen ihre Auszeichnung.

Die Sterne des „Guide Michelin“ gehören zur wichtigsten Auszeichnung für Spitzenköchinnen und -köche weltweit. Die ersten Michelin-Sterne in Deutschland wurden 1966 verliehen. Hierzulande sind etwa zwei Dutzend Experten regelmäßig im Einsatz – sie testen stets anonym und immer mehrfach die Lokale.

Karlsruher Koch unter den Gästen in Hamburg

Unter den Gästen der Sterne-Gala in Hamburg war am Abend auch ein Karlsruher Koch vertreten. Thorsten Bender, der im Guide 2023 einen zweiten Stern für sein Restaurant „sein“ erhielt, stand mit seiner Frau und seinem Restaurantteam auf der Gästeliste.

Sterne-Power aus der Region: Marcel Kazda (ein Stern, von links), Thorsten Bender (zwei Sterne) und Niclas Nussbaumer (zwei Sterne). Der Ettlinger Nussbaumer kocht in Schluchsee.
Marcel Kazda (ein Stern, von links), Thorsten Bender (zwei Sterne) und Niclas Nussbaumer (zwei Sterne) behalten ihre Auszeichnungen. Der Ettlinger Nussbaumer kocht in Schluchsee. Foto: Andrea Fabry

Mit einem weiteren Stern konnte er nicht nach Hause gehen. Damit hatte Bender allerdings auch nicht gerechnet. Er habe die Einladung eher als freundliche Geste der Wiedergutmachung empfunden, sagte er nach der Gala augenzwinkernd.

Bei der Sterne-Verleihung in Karlsruhe im vergangenen Jahr hatte der Moderator Bender und seinem Team einen kleinen Schockmoment beschert und so getan, als bekäme er den Stern aberkannt.

Zehn Restaurants tragen drei Sterne

Zehn Restaurants dürfen auch 2024 die höchste Michelin-Auszeichnung tragen und sich mit drei Sternen schmücken. Neu im Sterne-Olymp ist dabei das oberbayerische Restaurant „Ess:enz“ von Edip Sigl, das erst vor zwei Jahren mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde und nun bereits den dritten Stern in der Tasche hat.

Bei der Preisverleihung des Restaurantführers Guide Michelin für Deutschland stehen die ausgezeichneten Köche am Schluss der Veranstaltung auf der Bühne in Karlsruhe.
Der „Guide Michelin“ für das Jahr 2023 wurde bei einer Gala im Karlsruher Konzerthaus vorgestellt. Foto: Uli Deck/dpa

Die neun anderen Drei-Sterne-Restaurants finden sich Berlin („Rutz“), Baden-Württemberg („Bareiss“ sowie „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn), Bayern („Jan“ in München), Hamburg („The Table“), Niedersachsen („Aqua“ in Wolfsburg), Rheinland-Pfalz („Waldhotel Sonnora“ in Dreis, „Schanz. Restaurant“ in Piesport) sowie im Saarland („Victor’s Fine Dining by Christian Bau“ in Perl).

Das Inspektionsteam hat zudem 50 Restaurants mit zwei Sternen – drei davon sind neu – und 280 Spitzenküchen mit einem Stern – davon 32 neu – bewertet. 

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