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„Beauftragter für die Bewerbung“

Neuer Job für Spuhler: Geschasster Karlsruher Theaterleiter soll Heidelberg zur Kulturhauptstadt Europas machen

Mit dem Knall einer fristlosen Kündigung endete im Juli 2021 die Führungskrise um Peter Spuhler als Generalintendant des Badischen Staatstheaters. Nun wird der 57-Jährige, vom dem man sich Monate später per einvernehmlichem Schiedsspruch trennte, in seiner Wahlheimat Heidelberg mit einer neuen Aufgabe betraut.

Peter Spuhler (links) und Eckart Würzner, OB Heidelberg
Wieder mit einem Amt versehen ist Peter Spuhler (links). Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner berief ihn als „Beauftragten für die Bewerbung Europäische Kulturstelle“ . Foto: Oliver Matlock

Peter Spuhler hat einen neuen Job: Der ehemalige Generalintendant des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, der 2021 nach einer massiven Führungskrise aus dem Amt geschieden ist, soll Heidelberg zum Titel als Europäische Kulturhauptstadt führen. Dies teilte die Stadt am Montagnachmittag mit.

Bewerbung frühestens für 2034 möglich

Bekanntgegeben wurde, dass Heidelberg sich um den Titel bewerben möchte, das mögliche Jahr einer Bewerbung aber noch nicht feststehe. Bis 2033 sind die Länder, aus denen sich Städte bewerben können, bereits festgelegt. Voraussichtlich in fünf Jahren werde das EU-Parlament entscheiden, wann Deutschland ab 2034 wieder eine Kulturhauptstadt benennen dürfe.

Es dauert demnach noch rund fünf Jahre, bis überhaupt absehbar ist, für welches Jahr eine Bewerbung möglich ist. Reichlich Vorbereitungszeit also für Peter Spuhler, der „ab sofort im Dezernat des Oberbürgermeisters die Stabsstelle ‘Beauftragter für die Bewerbung Europäische Kulturhauptstadt’“ besetzt, wie die Stadt Heidelberg mitteilt.

Peter Spuhler wird als „ausgewiesener Kenner der Kulturszene“ vorgestellt

Man wolle „frühzeitig einen Bewerbungsprozess initiieren“ und habe als „Kopf der Bewerbung einen ausgewiesenen Kenner der Kulturszene - lokal wie international - gewinnen“ können.

Spuhler erklärt laut der Mitteilung: „In den kommenden Wochen und Monaten werde ich mit vielen Menschen sprechen, ihre Ideen und Vorstellungen erbitten. Wir starten mit einem weißen Blatt, und alle Interessierten sind eingeladen, gemeinsam das Bild unserer Bewerbung zu gestalten.“

Er begreife „schon den Bewerbungsprozess als einen Teil des Ziels. Es werden Netzwerke entstehen, Projekte und neue Orte entwickelt werden, die die Bewerbung und die Stadt bereichern können.“

Bewerbungen um diesen Titel haben üblicherweise einen langen Vorlauf, denn über die Vergabe der Titel wird ebenfalls mit mehreren Jahren Vorlauf entschieden. Chemnitz beispielsweise erhielt 2020 den Zuschlag für 2025. Beworben hatten sich damals auch Hannover, Hildesheim, Magdeburg und Nürnberg.

Zuvor hatte Deutschland letztmals 2010 eine Kulturhauptstadt gestellt. Damals hatte sich auch Karlsruhe beworben. Die Entscheidung fiel 2006, der Titel ging nach Essen.

Spuhler ist in Heidelberg noch in bester Erinnerung.
Pressemitteilung der Stadt Heidelberg

Spuhler, so die Mitteilung weiter, sei „in Heidelberg noch in bester Erinnerung“. Verwiesen wird hierbei auf seine Amtszeit als Intendant des Stadttheaters von 2005 bis 2011, für die er tatsächlich viel Aufmerksamkeit erntete.

Maßgeblicher Einsatz für Theatersanierung

Zum einen gab er dem Theater damals neue Impulse mit durchaus mutigen Personalentscheidungen wie der Ernennung des damals gerade mal 25-jährigen Dirigenten Cornelius Meister zum Generalmusikdirektor. Zum anderen reagierte er sehr schnell auf die abrupte Schließung des Theaters aus baulichen Gründen im Oktober 2006.

Unter seiner Intendanz wurden umgehend Ausweichspielstätten organisiert. Für die Sanierung und Erweiterung warb er Spenden aus der Bevölkerung ein. Rund ein Drittel der Gesamtkosten von etwa 70 Millionen Euro sollen so zusammengekommen sein.

Die Erfolge in Heidelberg brachten ihn 2011 auf den Posten des Generalintendanten am Badischen Staatstheater. Dort geriet seine Position ins Wanken, als im Sommer 2020 massive Vorwürfe aus der Belegschaft gegen seinen Führungsstil erhoben wurden. Die sich monatelang hinziehende und bundesweit debattierte Führungskrise war im Herbst 2020 auch Thema im Karlsruher OB-Wahlkampf.

Nach langem Tauziehen erklärten die Theaterträger, vertreten durch die damalige Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) und den Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup, sich von Spuhler trennen zu wollen.

Trennung in Karlsruhe ließ einige Fragen offen

Die tatsächliche Trennung verlief dann allerdings unübersichtlich: Angeblich verhandelte man monatelang über eine Vertragsaufhebung zum Sommer 2021. Dann wurde schlagartig eine fristlose Kündigung gegen Spuhler ausgesprochen, bevor wiederum etliche Monate später eine Trennung per „einvernehmlichem Schiedsspruch“ erfolgte.

Knackpunkt des Streits war Spuhlers bereits unterzeichneter Vertrag für die Jahre 2021 bis 2026. Dem Vernehmen nach hätte sein Gehalt über die gesamte Laufzeit knapp 1,5 Millionen Euro betragen. Über die Höhe der erfolgten Zahlung herrscht strengste Schweigepflicht. Unbestätigten Quellen zufolge dürfte sie mindestens die Hälfte der Gehaltssumme betragen haben.

Auch am Theater Heidelberg hatte es Probleme gegeben

In der aktuellen Pressemitteilung heißt es über Spuhlers diesbezügliches Wirken nach seiner Heidelberger Zeit lediglich: „Im Anschluss übernahm Spuhler für zehn Jahre die Generalintendanz am Badischen Staatstheater Karlsruhe.“ Während der Karlsruher Führungskrise hatten sich allerdings auch ehemalige Mitarbeiterinnen aus Spuhlers Intendanz in Heidelberg zu Wort gemeldet.

Die Zeit unter Spuhler wurde in einem offenen Brief beschrieben als geprägt von „Kontrollzwang und cholerischen Anfällen”, einem „Despotismus, der über die künstlerischen Bereiche bis in Technik, Verwaltung und Dienstleistung hineinreichte” sowie einem „massiven Gefühl der Beklemmung, unter dem damals rund um die Uhr gearbeitet werden musste”.

Welche Laufzeit der neue Vertrag in Heidelberg für Peter Spuhler hat, ist der Pressemitteilung nicht zu entnehmen. Zwischen den Kulturhauptstadt-Titeln von Essen und Chemnitz liegen 15 Jahre. Sollte es nach Chemnitz erneut so lange dauern, könnte Heidelberg sich für 2040 bewerben. Und wäre die Bewerbung erfolgreich, könnte Heidelberg im Kulturhauptstadtjahr auch Spuhlers 75. Geburtstag feiern.

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