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Soziale Kontakte fehlen

Chöre in Mittelbaden sehnen sich nach Proben und Konzerten

„Singen ist Balsam für die Seele“, sagt der Volksmund. Doch derzeit ist das Singen nur über digitale Konferenzplattformen möglich. Auch die Chöre des Mittelbadischen Sängerkreises hoffen, dass es bald weiter geht. Denn ihnen fehlen nicht nur Proben und Auftritte.

Sängerinnen und Sänger des Chors Pro Vokal der Chorgemeinschaft Harmonie Bühl beim Abschluss der Vorweihnachtlichen Sängerfahrt im Kloster Maria Hilf
Da durften sie noch: Der gemischte Chor Pro Vokal der Harmonie Bühl im Jahr 2019 beim Abschlusskonzert der vorweihnachtlichen Sängerfahrt in der Exerzitienkapelle des Klosters Maria Hilf. Voriges Jahr ließ die Corona-Pandemie diese Auftritte nicht zu. Foto: Werner Vetter

Es ist ein Zeichen: hörbar und sichtbar, und es soll Mut machen. Der Verbandskinderchor des Mittelbadischen Sängerkreises (MSK) lässt sich von der Corona-Pandemie nicht unterkriegen. Zwar weiß keiner, wann die vokalmusik-begeisterten Mädels und Jungs wieder zusammen singen können, doch das heißt nicht, dass sie schweigen.

Im Gegenteil. Die junge Truppe mit Chorleiter Michael Anarp hat den Anti-Corona-Frust-Hit „Bye Bye“ von Sarah Connor in der Mache, probt digital und will ihre Version schließlich Ende März auf den Internetseiten des MSK einstellen.

„Ein Ostergeschenk“, erklärt Katharina Buchholz-Kühn, Jugendvertreterin der Gruppe Süd und Pressesprecherin im MSK. Zusammen mit Anarp hatte sie die Idee und begleitet das Projekt.

Gesangsprojekt gegen Corona-Frust

Für den ambitionierten Sänger-Nachwuchs ist die Pandemie richtig bitter: 2019 gründete sich das Nachwuchs-Vokalensemble, voriges Jahr sollte eigentlich die Bühnen-Premiere sein, „doch dann kam Corona. Wir mussten den Auftritt absagen“, berichtet Buchholz-Kühn, „und auch im April wird es wohl nicht klappen.“

Die Kinder seien wirklich traurig gewesen, so Chorleiter Anarp. Er gibt einigen der jungen Sänger zudem Klavierunterricht – online freilich – „da habe ich immer wieder die Rückmeldung bekommen, wie sehr die Kinder den Chor vermissen.“

Deshalb haben singen sie jetzt „Bye Bye“ ein. Balsam für die Seele solle es sein, dieses besondere Gesangsprojekt in Ausnahmezeiten, denn Kinder brauchen Perspektiven, und die Vollendung vor Ostern ist so ein Ziel.

Es gibt nichts Schöneres als das Singen mit Kindern und Jugendlichen.
Michael Anarp, Chorleiter

Was da auf die Beine gestellt wird, ist höchst professionell, vom Einsingen über Stimmbildungs-Training bis hin zur eigentlichen Aufnahme und zum Zusammenschnitt samt ausgeklügeltem Terminplan – und dabei alles online.

„Ich habe schon einige Gesangsvideos von den Kindern über WhatsApp bekommen“, erzählt Anarp, „wunderschön“, meint der Chorleiter, der sich ebenfalls freut, wenn alle wieder loslegen können.

„Es gibt nichts Schöneres als das Singen mit Kindern und Jugendlichen. Die Begeisterung, die sie mitbringen, ist einfach unschlagbar.“

Sängern fehlt auch die Geselligkeit

Es trifft sie hart, die Sänger der Chöre im MSK. Natürlich vermissen alle die gemeinsamen Proben, die Auftritte bei Konzerten, aber es fehlt auch die Geselligkeit, wenn man nach der Singstunde noch beisammen sitzt.

„Wir zehren noch von unserem bislang letzten großen Auftritt im Oktober“, berichtet Robert Schneider, der Vorsitzende der Chorgemeinschaft Harmonie Bühl. „Deutschland singt. 30 Jahre Freiheit und Einheit“ war dieses Konzert vor dem Bürgerhaus Neuer Markt betitelt. Bei den anderen Vokalensembles in Mittelbaden sieht es nicht anders aus.

Bis zum Herbst des vorigen Jahres ging es noch halbwegs, dann kam der nächste Lockdown. Und der traf auch den Frohsinn Weitenung. Statt gemeinsamen Singens gibt es nun eine WhatsApp-Gruppe, da erfolgt beispielsweise der wöchentliche Austausch mit dem Dirigenten, wie der Vorsitzende Günter Volland berichtet.

Die Harmonie Bühl mit ihrem Chor „Pro Vokal“ pflegt eine „sehr rege WhatsApp-Gruppe“, berichtetRobert Schneider. E-Mails und die Videokonferenzlösung der Zwetschgenstadt namens „Palim! Palim!“ dienen ebenfalls der Kommunikation, aber der brennende Wunsch ist klar: „Hoffentlich können wir bald wieder singen“, sagt der Harmonie-Chef.

Üben in den eigenen vier Wänden

Ans Aufhören denkt niemand, „wir haben bei Pro Vokal eine sehr aktive Chorgemeinschaft mit einer Altersstruktur von 35 bis 70 Jahren“, schildert Schneider. Und auch beim Frohsinn Weitenung bleiben die Sängerinnen und Sänger ihrem Chor treu, ebenso wie beim Sängerbund Altschweier, wie dessen Vorsitzender Christian Külsheimer weiß.

Beim Sängerbund sind es die Stimmführer, die den Kontakt halten, „die telefonieren die Leute durch“, so Külsheimer. Der Altersschnitt seiner Truppe liegt bei 70 Jahren. Das tut der Motivation keinen Abbruch, manche Sänger kramen alte Tonaufnahmen heraus und üben in den heimischen vier Wänden. Nur mit den digitalen Kommunikationsformen, da hadert mancher.

Eine richtige Chorprobe kann es aber sowieso nicht ersetzen, da sind sich alle einig. In der Videokonferenz kann die Interaktion des Dirigenten nur minimal wirken, überhaupt, Rhythmus, das Ensemble als homogener Klangkörper, das Feilen an einer optimalen Einheit der Stimmlagen, das geht nur ganz bedingt über Internet.

Viele Vokal-Ensembles nutzen dennoch die bestehenden, digitalen Möglichkeiten bestmöglich: Der Chor Salt o Vocale aus Gernsbach bedient sich der Plattform Jitsi Meet, um zumindest Theorieunterricht machen zu können, beim MGV Sängerlust Kartung erfolgen die Proben der einzelnen Formation über Zoom, berichtet Katharina Buchholz-Kühn vom jüngsten virtuellen Stammtisch, der beim MSK anstelle der Jahreshauptversammlung den Chor-Verantwortlichen den Gedankenaustausch ermöglichte.

Wann geht es wieder los?

Die Öffnungsperspektiven sind derzeit nur vage: Wann kann die erste Probe stattfinden? Wann das erste Konzert? Fragen, die die mittelbadische Sängerbewegung beschäftigen. Und von Null auf Hundert geht es dann nicht, vor dem Auftritt stehen die Proben.

Am 4. Juli soll es mit dem Chorfestival 2021 des MSK in Sinzheim los gehen, da sind auch die Voices of Joy des Frohsinn Weitenung dabei. Ob es klappt sei offen, sagt Vorsitzender Volland, aber zumindest sei es ein Ziel, eine Perspektive.

Harmonie-Chef Schneider hofft, dass zumindest der Bühler Teil des Festivals im Bürgerhaus am 2. Oktober stattfinden kann. „Wir sitzen alle in den Startlöchern“, sagt Schneider. Dem Konzert in Bühl fiebern auch die Altschweierer entgegen, denn sie sind als Gäste dabei. „Es wird spannend“, prognostiziert Christian Külsheimer.

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