Skip to main content

Der Laden kommt zum Kunden

Bühler Einzelhändler bieten virtuellen Einkaufsbummel mit 3D-Rundgang an

Der Einzelhandel darf weiterhin nicht öffnen. In Bühl haben Sibylle und Christoph Engelhardt eine Möglichkeit gefunden, wie dennoch ein Bummel durch ihr Fachgeschäft möglich ist.

Digitale Puppenstube
Das Ladeninnere als Puppenhaus: Der virtuelle Rundgang bietet einige Besonderheiten. Foto: Twenty2Eleven

Not macht erfinderisch. Seit vier Monaten befinden sich die Einzelhändler in Bühl schon in der Krise, weil sie nicht wie gewohnt öffnen dürfen. Allenfalls „Click & Collect“ oder „Click & Meet“ sind möglich, je nach Inzidenz. Da sind Ideen gefragt, wie der Kontakt zu den Kunden erhalten werden kann.

Lutz Raeck und Britta Schukat (Gecco) setzen beispielsweise auf ein Einkaufserlebnis per Videochat. Per Smartphone geht es dann durch den Laden. Für Bessey&Flammer haben Sybille und Christoph Engelhardt eine andere Variante entdeckt: einen interaktiven 3D-Rundgang.

Idee kommt aus dem Fränkischen

Die Idee dafür hat im Lockdown das fränkische Unternehmen S-Kultur entwickelt, das ebenfalls in der Haushaltswarenbranche zuhause ist und sich nun mit Twenty2eleven ein weiteres Geschäftsfeld erschlossen hat.

Wenn der Kunde nicht zum Laden kommen kann, kommt der Laden zu ihm.
Sibylle Engelhardt Geschäftsführerin

Die Geschäftsführer Kerstin Schulte-Eckel und Stefan Denzlinger haben nicht nur einige Fachhandelsgeschäfte ihrer Branche visualisiert, auch aus der Industrie kamen bereits Aufträge. „Wenn der Kunde nicht zum Laden kommen kann, kommt der Laden zu ihm“: So beschreibt Sybille Engelhardt den Grundgedanken.

Über einen Kollegen aus Kassel war das Bühler Ehepaar auf diese Möglichkeit aufmerksam geworden und sofort begeistert. Die Vorbereitungen, etwa die Dekoration der Verkaufstische, hätten etwa eine Woche gedauert, „Zeit genug war im Lockdown“.

Die Aufzeichnung selbst habe lediglich einen halben Tag benötigt, auch wenn sie in der „Click&Meet“-Phase immer wieder mal unterbrochen werden mussten. Sechs Einzelkameras erfassen die Szene und verarbeiten mit Infrarot-Tiefensensoren die Bilder zum 360-Grad-Panorama.

So ist ein virtueller Zwilling des realen Ladens entstanden, der an einzelnen Stationen Informationen zu den Sortimenten liefert, auch Hersteller-Videos sind eingebettet. Ein besonderes „Bonbon“ ist die Puppenhaus-Darstellung aus der Vogelperspektive.

Gute Resonanz

Die Resonanz: Innerhalb von 30 Tagen hätten sich 2.506 Personen auf den virtuellen Rundgang begeben, berichtet Sibylle Engelhardt. Die durchschnittliche Verweildauer lag bei sechseinhalb Minuten: „Das finden wir ganz beachtlich“, sagt sie und freut sich, eine Möglichkeit zu haben, trotz Lockdown „unseren Kunden den Zugang zu unserem Geschäft zu ermöglichen“.

Fast täglich höre sie von Kunden, dass sie sich mit dem virtuellen Rundgang informiert und dann zum Telefonhörer gegriffen hätten: „Manche sagen ganz detailliert, dass ihr gewünschtes Produkt im Obergeschoss in diesem oder jenen Regal steht.“ Das digitale Angebot könne über die Pandemie hinaus ein wichtiges Mittel sein, sagt Engelhardt.

Das Ende ist aber nicht in Sicht: „Das geht alles noch ein bisschen länger.“ Mit der Bundes-Notbremse ist die Hoffnung auf eine rasche Öffnung des Einzelhandels ein weiteres Mal gedämpft worden. „Wir sind froh, dass wenigstens ‘Click&Collect’ weiterhin möglich ist, nachdem die Landesregierung komplett dichtmachen wollte“, sagt Sibylle Engelhardt.

Das Gefühl, dass die Belange des Einzelhandels bei den Entscheidungen der Politik keine Rolle spielten, sei stark ausgeprägt: „Wir kommen in deren Realität nicht vor.“ Unterkriegen lasse man sich aber nicht, sondern versuche, mit neuen Ideen die Krise zu meistern.

Erschwert werde das aber durch ständige Änderungen, bei denen die Verbraucher leicht den Überblick verlieren könnten, was gerade gelte. So berichtet Engelhardt von häufigen Anrufen, ob und wie geöffnet sei. Das Durcheinander schade auch der Akzeptanz der Corona-Politik.

nach oben Zurück zum Seitenanfang