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Chronik des einzigen Großschutzgebietes im Land

Erst der zweite Anlauf zum Nationalpark Schwarzwald war erfolgreich

Schon vor drei Jahrzehnten wurde in der Region über einen Nationalpark diskutiert, dabei kochten die Emotionen vor allem in den anliegenden Dörfern hoch. Ein Blick zurück.

Die Gegner und Befürworter eines Nationalparks werben mit Aufklebern im Jahr 2012 für ihre Positionen. Obwohl es nur um 0,7 Prozent des Waldes im Südwesten geht, erhitzt die Diskussion um einen Nationalpark im Nordschwarzwald die Gemüter vor Ort.
Die Gegner und Befürworter eines Nationalparks werben mit Aufklebern im Jahr 2012 für ihre Positionen. Obwohl es nur um 0,7 Prozent des Waldes im Südwesten geht, erhitzt die Diskussion um einen Nationalpark im Nordschwarzwald die Gemüter vor Ort. Foto: Uli Deck /dpa

Im Schwarzwald ist der erste und bislang einzige Nationalpark Baden-Württembergs entstanden. Gegen das Projekt war die Holzwirtschaft, dafür sprachen sich Naturschützer und Tourismus-Experten aus. Unser Redaktionsmitglied Rainer Haendle hat die Entstehungsgeschichte des Projekts zusammengefasst.

Erste Ideen für den Nationalpark Schwarzwald gab es vor 30 Jahren

Der erste Anlauf erfolgte bereits Anfang der 1990er Jahre: Das damalige Nabu-Institut für Waldökologie in Bühl und sein Leiter Volker Späth brachten das Höhengebiet auf dem Kaltenbronn als Kulisse für einen Nationalpark in die öffentliche Diskussion.

Obwohl sich auch der damalige Umweltminister Erwin Vetter (CDU) für die Erstellung eines Gutachtens aussprach, schlug sich Ministerpräsident Erwin Teufel auf die Seite der Projektgegner, die vor allem von der Holzwirtschaft orchestriert wurden. Zu Beginn der Großen Koalition im Jahr 1992 wurde die mitregierende SPD im Kabinett kurzerhand überstimmt.

Vor zehn Jahren nimmt die Nationalpark-Idee konkrete Formen an

Im Jahr 2010 zeigt sich die CDU in Baden-Württemberg erstmals offen für ein Schutzgebiet. Nach der Landtagswahl 2011 schreibt die neue grün-rote Landesregierung im Mai 2011 die Einrichtung eines Schutzgebiets in den Koalitionsvertrag und stellt einen breit angelegten Beteiligungsprozess in Aussicht.

Im Sommer 2011 formieren sich die Gegner in der privaten Interessensgemeinschaft „Unser Nordschwarzwald“. Es sind vor allem Waldbesitzer, Jäger und Sägewerksbetreiber, die sich als „Opfer von Wildnisideologien“ der Naturschützer sehen. Der Widerstand konzentriert sich auf den ländlichen Raum.

Bischöfe rufen im Nationalpark-Konflikt zur Mäßigung auf

Auch die Befürworter machen mobil und gründen im Dezember 2011 auf der Darmstädter Hütte den Freundeskreis Nationalpark, der mittlerweile 900 Mitglieder zählt. Der Konflikt um das Schutzgebiet eskaliert zeitweise so sehr, dass sogar die Bischöfe zur Mäßigung aufrufen.

Vor allem in den Gemeinden Bad Wildbad, Enzklösterle, Bad Herrenalb, Freudenstadt, Forbach, Baiersbronn und Seebach geht der Meinungsstreit quer durch ganze Familien, obwohl sich die Tourismusexperten von dem Schutzgebiet zusätzliche Attraktivität versprechen. Die Stadt Baden-Baden unterstützt deshalb das Vorhaben.

2013 fällt im Landtag die Entscheidung für den Nationalpark

Im April 2013 wird das Nationalpark-Gutachten vom damaligen Landwirtschaftsminister Alexander Bonde vorgelegt. Auf 1.200 Seiten analysieren unabhängige Experten, dass das Schutzgebiet nicht nur eine Chance für den Naturschutz im Land ist, sondern auch Wirtschaft und Tourismus stärkt.

Im Juni 2013 schlägt Bonde zwei Teilgebiete an der Schwarzwaldhochstraße als Schutzgebiet vor. Der Kaltenbronn zwischen Gernsbach und Bad Wildbad fällt damit aus der Gebietskulisse heraus. Am 28. November 2013 stimmt der Landtag dem Gesetz für die Einrichtung eines Nationalparks mehrheitlich zu.

Mit dem Jahresbeginn 2014 wird das 10.000 Hektar große Schutzgebiet in zwei Teilbereichen an der B500 rund um den Ruhestein und den Hohen Ochsenkopf aus der Taufe gehoben. Leiter der neuen Sonderbehörde des Landes werden der Biologe Wolfgang Schlund und der Forstexperte Thomas Waldenspuhl.

Mehrere Jahre Baustelle für das neue Besucherzentrum am Ruhestein

Sie bauen die mittlerweile rund hundertköpfige Organisation für den Park auf - darunter befinden sich ebenso Ranger und Wissenschaftler wie Tourismusexperten und ehemalige Förster. Der Nationalpark übernimmt auch im Winter die Pflege des Loipennetzes an der Schwarzwaldhochstraße.

Mitte 2015 kürt ein Preisgericht in Pforzheim den Gewinner eines Architekturwettbewerbs für das Nationalcparkzentrum. Im Dezember 2016 starten die Bauarbeiten. Im Juli 2017 besucht Bundespräsident Frank Walter Steinmeier das Schutzgebiet und wandert mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Wilden See.

Die Akzeptanz für das Schutzgebiet wächst, auch weil die Parkverwaltung ein umfangreiches Jahresprogramm mit vielen Führungen anbietet. Im Oktober 2020 wird das Zentrum offiziell übergeben, die Eröffnung verzögert sich wegen Corona jedoch immer wieder.

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