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Auswirkungen der Wahlrechtsreform

In Rastatt dürfen nun auch sehr junge und alte Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl antreten

Bislang mussten Oberbürgermeister in Baden-Württemberg mindestens 25 Jahre alt sein. Und mit 73 war Schluss. Das ändert sich ab August. Rastatt ist eine der ersten Kommunen, auf die das Auswirkungen haben könnte.

Hans Jürgen Pütsch, Oberbürgermeister von Rastatt, sitzt an seinem Schreibtisch.
Kurz nach seiner ersten Wahl 2007 sitzt Hans Jürgen Pütsch am Schreibtisch des Oberbürgermeisters. Bei seiner Kandidatur war er 45 Jahre alt. Foto: Hans-Jürgen Collet

Vom Junior bis zum Senior: Die Menge der Personen, die Oberbürgermeister werden darf, wächst ab dem 1. August deutlich. Dann tritt die Wahlrechtsreform in Kraft, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat. Die Wahl in Rastatt am 24. September ist eine der ersten, für die das Konsequenzen hat. Auch ein möglicher zweiter Wahlgang sähe anders aus als bisher.

Die städtische Pressesprecherin Heike Dießelberg bestätigt: „Es gelten die Regeln der Wahlrechtsreform.“ Diese sehen Verschiebungen bei den Altersgrenzen vor. Als sich der scheidende Amtsinhaber Hans Jürgen Pütsch (CDU) 2007 erstmals in Rastatt bewarb, musste er sich gegen vier Mitbewerber durchsetzen.

Das Mindestalter der Bewerber sinkt auf 18 Jahre

Der jüngste war Klaus Muth, der mit 26 Jahren gerade alt genug war, um zu kandidieren. Bislang mussten OB-Bewerber nämlich 25 Jahre alt sein. Ab August dürfen auch Jüngere ran. Das Mindestalter sinkt auf 18 Jahre. Auf der Altersskala nach oben herrscht sogar komplette Freiheit. Bislang durften Kandidaten nicht älter als 67 Jahre sein.

Auf die erste Kandidatur von Pütsch hätten diese Änderungen 2007 keinen Einfluss gehabt. Er war damals 45 Jahre alt. Auch die beiden Bewerber, die sich bereits für seine Nachfolge positioniert haben, fallen ins bisherige Raster. Sowohl die CDU-Fraktionschefin Brigitta Lenhard als auch der Landtagsabgeordnete Thomas Hentschel (Grüne) sind 59 Jahre alt.

Beiden stünde nun aber mehr als eine komplette Amtsperiode von acht Jahren offen. Das wäre bislang nicht der Fall gewesen. Das Land versetzte Bürgermeister und Oberbürgermeister mit 73 Jahren in den Zwangsruhestand. Auch das entfällt.

Lenhard und Hentschel haben ihre Kandidatur zwar bereits öffentlich angekündigt, sie aber noch nicht offiziell im Rathaus eingereicht. Das würde auch keinen Sinn ergeben. Die Stadt veröffentlicht die Stellenausschreibung am 24. Juni in den Badischen Neuesten Nachrichten und im Badischen Tagblatt.

Bewerbungsfrist für OB-Wahl in Rastatt endet am 28. August

Die Bewerbungsfrist beginnt erst einen Tag später. Würde bereits jetzt ein Umschlag im Rathaus-Briefkasten landen, müsste der Betroffene seine Unterlagen dann erneut abgeben. Die Bewerbungsfrist endet am 28. August.

Sollten sich außer Lenhard und Hentschel bis dahin noch weitere Kandidaten melden, wird ein zweiter Wahlgang wahrscheinlicher. Dieser ist notwendig, wenn am 24. September kein Bewerber die absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent aller gültigen Stimmen erreicht.

Der Gemeinderat hat den Termin für den möglichen zweiten Wahlgang auf den 15. Oktober festgelegt. Die Wahlrechtsreform gibt auch hier neue Spielregeln vor.

Zweiter Wahlgang wird zur echten Stichwahl

Bislang durften alle Kandidaten aus dem ersten Wahlgang auch beim zweiten Mal wieder antreten. Für den Sieg reichte dann die einfache Mehrheit. Es konnten sogar neue Bewerber ihren Hut in den Ring werfen.

Im vergangenen Jahr wäre es bei der Oberbürgermeisterwahl in Baden-Baden fast dazu gekommen. Nachdem der offizielle Grünen-Kandidat Roland Kaiser nur 24 Prozent der Stimmen im ersten Durchgang holte, kündigte seine Partei-Kollegin Beate Böhlen für den zweiten Durchgang ihre Kandidatur an – am Ende ließ sie es allerdings doch bleiben.

Ab August existiert diese Möglichkeit nicht mehr. Der zweite Wahlgang wird zur echten Stichwahl. Das bedeutet: Es treten nur die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen aus dem ersten Durchgang an. Der Sieger vereint damit zwangsläufig mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich.

Der gewählte Bewerber erhält eine stabile demokratische Legitimation.
Thomas Strobl (CDU), Innenminister

Darin sieht Innenminister Thomas Strobl (CDU) einen Vorteil gegenüber der bisherigen Regelung. Nach der Verabschiedung der Wahlrechtsreform sagte er: „Insbesondere kann sich der in der Stichwahl gewählte Bewerber zukünftig stets auf eine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen stützen und erhält damit eine stabile demokratische Legitimation.“

Rückzug nach dem ersten Wahlgang ist nicht mehr möglich

Wer zum Spitzen-Duo nach dem ersten Durchgang gehört, hat allerdings auch nicht mehr die Möglichkeit zum Rückzug. Bislang konnte sich jeder Kandidat für den zweiten Wahlgang vom Zettel streichen lassen. Jetzt gilt: Wer auf Platz eins oder zwei landet, tritt automatisch zur Stichwahl an.

Eine Ausnahme gibt es laut Auskunft aus dem Rathaus allerdings. Doch die dürfte eher theoretischer Natur sein. Nach wie vor haben die Wähler die Möglichkeit, selbst einen Namen in eine freie Zeile auf dem Zettel zu schreiben – auch wenn der Betreffende gar nicht kandidiert.

Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass eine solche Person vorne landet und sich damit für eine Stichwahl qualifiziert, muss die Stadtverwaltung laut Dießelberg ihre Zustimmung einholen.

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