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3G bleibt wichtig

Baden-Württemberg macht ab Montag auf – für Ungeimpfte wird es ungemütlich

Mit 600 Menschen eng an eng im Club tanzen? Wer geimpft ist, kann in Baden-Württemberg ab Montag wieder weitgehend wie vor der Pandemie leben. Das Starren auf die Inzidenz hat ein Ende. Für Ungeimpfte wird es hingegen noch ungemütlicher.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland steigt.
Ab kommenden Montag dürfen alle Menschen in Baden-Württemberg unabhängig von der Inzidenz wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen - vorausgesetzt, sie sind geimpft, genesen oder getestet.. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Baden-Württemberg nimmt Abschied von den starren Inzidenzregeln. Ab kommenden Montag dürfen alle Menschen im Südwesten unabhängig von der Zahl der Neuinfektionen wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen - vorausgesetzt, sie sind geimpft, genesen oder getestet.

In der neuen Corona-Verordnung, die bereits am 16. August in Kraft treten soll, soll die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz nicht mehr als ordnungspolitisches Instrument auftauchen, teilte das Gesundheitsministerium am Mittwoch mit.

Jetzt geht es darum, den Menschen Freiheitsrechte zurückzugeben.
Sprecherin des Gesundheitsministeriums

„Wir machen alles möglich für Geimpfte“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. „Jetzt geht es darum, den Menschen Freiheitsrechte zurückzugeben.“ Die Pläne seien mit dem Staatsministerium abgestimmt.

Kostspieliger Disco-Besuch: Ungeimpfte müssen in Clubs PCR-Tests vorweisen

Das bedeutet eine radikale Kehrtwende: Auch falls die Inzidenz Ende August nochmal in den dreistelligen Bereich schießen sollte, soll das Land keinerlei Einschränkungen mehr zur Folge haben - sofern die Krankenhäuser noch genug Platz für Corona-Patienten haben.

Die Regierung sieht vor, dass es bei kulturellen Veranstaltungen im Innenbereich sowie in Clubs und Diskotheken keine Personenobergrenze mehr geben soll. Die Einrichtungen können also ab Montag unter Vollauslastung öffnen. Wer allerdings nicht geimpft und genesen ist, muss dort einen PCR-Test vorweisen können. Den müssen die Ungeimpften ab Montag bereits selbst zahlen, das Gesundheitsministerium schätzte die Kosten pro Test auf 30 bis 50 Euro.

Grundsätzlich gilt das Prinzip: Dort wo in Innenräumen Abstand nicht möglich und intensive Körpernähe nicht zu vermeiden ist - etwa bei Konzerten, Theateraufführungen, in Clubs und Diskotheken - soll ein PCR-Test notwendig sein. Bei der Innen-Gastro, bei Friseuren und körpernahen Dienstleistern und überall dort, wo Abstand innen möglich ist, soll ein Antigenschnelltest ausreichen.

Bei der Innen-Gastro, bei Friseuren und körpernahen Dienstleistern soll ein Antigenschnelltest ausreichen. Diese seien erst ab Mitte Oktober kostenpflichtig, sagte die Sprecherin.

Alles sei im Fluss, die Details würden gerade unter Hochdruck erarbeitet, hieß es aus dem Ministerium. So will man trotzdem an den Obergrenzen für Besucher von Sportveranstaltungen festhalten, die auf der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag beschlossen wurden.

Besucherbeschränkung für Fußballstadien bleibt vorerst bestehen

In Fußballstadien und Sportveranstaltungen mit mehr als 5000 Zuschauern soll demnach maximal die Hälfte der Plätze der Veranstaltungsstätte oder des Stadions besetzt werden. Die Höchstzahl der Zuschauer soll bei 25 000 liegen. Wie mit Musikfestivals mit Tausenden Besuchern umgegangen werde, sei noch offen, sagte eine Sprecherin.

Kulturschaffende aus Karlsruhe und Umgebung zeigten sich in einer ersten Reaktion überrascht von den Plänen der Landesregierung. Die Lockerungen wurden überwiegend positiv aufgenommen. Von Kinobetreibern kam allerdings auch Kritik. Die Hauptzielgruppe, Jugendliche und junge Erwachsene ist erst vergleichsweise wenig geimpft. Sie müssten vor einem Kinobesuch einen PCR-Test machen.

Gesundheitsminister Lucha appelliert an Bürger, sich impfen zu lassen

Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) appellierte nochmal an die Menschen, sich impfen zu lassen. „Je mehr Menschen einen Impfschutz haben, desto entspannter wird unser aller Leben sein“, sagte er der dpa. „Sie schützen nicht nur sich, sondern andere. Und Sie schützen vor allem das Gesundheitssystem vor Überlastung. Wir wollen und wir werden den Menschen ihre Freiheitsrechte zurückgeben.“ Dennoch sei die Pandemie nicht vorbei.

Die Inzidenz werde zwar ordnungspolitisch keine Rolle mehr spielen in der nächsten Verordnung, das Land werde sich vom bisherigen Stufenkonzept verabschieden, sagte Lucha. „Dennoch werden wir künftig neue Parameter definieren, die zur Beurteilung der Lage dienen sollen.“

Je mehr Menschen einen Impfschutz haben, desto entspannter wird unser aller Leben sein.
Gesundheitsminister Manfred Lucha

So soll für die nächste Verordnung ab Mitte September ein Modell erarbeitet werden, das neben der Inzidenz die Hospitalisierung und die Auslastung der Intensivkapazitäten berücksichtigt. Damit wolle man vor die Lage kommen, sagte die Sprecherin.

Auslastung der Intensivbetten als Maßstab?

Am Montag noch hatte Lucha im Sozialausschuss des Landtags gefordert, dass künftig die Auslastung der Intensivbetten zur Messlatte für Einschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus gemacht werden soll. Er hatte für stärkere Restriktionen für Nichtgeimpfte ab Herbst plädiert, sobald 300 Intensivplätze in Baden-Württemberg mit Covid-Patienten belegt sind.

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den vergangenen sieben Tagen in Baden-Württemberg liegt nun bei 21,4 je 100 000 Einwohnern. Das teilte das Landesgesundheitsamt in Stuttgart am Dienstag mit. Am Vortag hatte der Wert noch 19,2 betragen.

Insgesamt sind derzeit 2006 Intensivbetten von betreibbaren 2363 Betten (76,1 Prozent) belegt. Dieser Wert ist wichtig, um die Auslastung des Gesundheitssystems beurteilen zu können. Solche Betten werden aber nicht nur für Covid-Patienten mit schweren Verläufen gebraucht, sondern auch für Menschen mit anderen Erkrankungen.

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