Baden-Württembergs Sozialministerium sucht nach den mangelhaften Atemschutzmasken, die es an Pflegeheime und andere Sozialeinrichtungen verteilt hat. Die Heime sollen bis Ende Februar melden, wie viele der unbrauchbaren Masken sie noch in ihren Beständen haben.
Bei nachträglichen Tests der Lagerbestände des Landes fielen 13 von 27 Maskentypen durch. Darunter waren sowohl KN95-Masken asiatischer Hersteller als auch FFP2-Masken aus europäischer Produktion. Laut Sozialministerium wurden im Dezember mindestens 3,5 Millionen dieser Masken in ganz Baden-Württemberg verteilt. Sie bieten keinen ausreichenden Schutz gegen Coronaviren.
Vollkommen ratlos sind die Kommunalbehörden im BNN-Gebiet, die bei der Verteilaktion des Landes mitgeholfen haben. In Karlsruhe war das die städtische Feuerwehr. „Die Branddirektion hat die vom Land zur Verfügung gestellten Masken auf der Hauptfeuerwache entgegen genommen und von dort aus an die Empfänger verteilt“, erklärt der stellvertretende Amtsleiter Markus Pulm den Ablauf.
„Es wurde dabei nicht erfasst, welche Einrichtung welche Masken erhalten hat. Wir gingen bei der Verteilung davon aus, dass alle gelieferten Masken den geforderten Standards entsprechen und haben uns nur um die Stückzahlen gekümmert.“
Landkreis Karlsruhe hat mangelhafte Masken im Lager entdeckt
Auch das Landratsamt Karlsruhe hat keinen Überblick darüber, wo die mangelhaften Masken letztendlich gelandet sind. „Wir haben alle Träger von Pflege- und Behindertenwohnheimen und ambulanten Pflegediensten im Landkreis Karlsruhe, eine Einrichtung der Wohnungslosenhilfe in Bruchsal und unsere Kliniken beliefert“, so Martin Zawichowski, Büroleiter des Landrats. Zu den Herstellerfirmen dieser KN95-/FFP2-Masken könne er rückwirkend keine Angaben machen, „da die Frachtscheine vom Land keine derartigen detaillierten Angaben erhalten“.
Allerdings hat die Kreisbehörde noch Restbestände aus der Dezemberlieferung des Sozialministeriums im Lager. „Diese Masken stammen von der Firma ‚Freshinq Air Technology Development Co. LTD‘ und sind dem Land zur Rückgabe angemeldet“, teilt Zawichowski mit. Diese Firma ist einer der 13 Lieferanten, vor denen die Landesregierung in ihrer bisher unveröffentlichten Rückruf-Liste warnt.
„Durchlässigkeit teilweise (erheblich) oberhalb und teilweise unterhalb Normwerte“, heißt es darin zu den nachträglich überprüften Freshinq-Masken. Das bedeutet: Nicht alle, aber wohl einige dieser Testmasken haben deutlich mehr Partikel durchgelassen, als sie es nach den gesetzlichen Vorgaben dürften.
Immer wieder Corona-Ausbrüche in Pflegeheimen: Liegt es an schlechten Masken?
Mangelhafte Schutzausrüstung könnte eine Erklärung dafür sein, warum es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen immer wieder zu Corona-Ausbrüchen in Pflegeheimen kommt. Derzeit kämpft etwa das Seniorenzentrum am Hag in Waghäusel mit zahlreichen Ansteckungsfällen, im Januar traf es das Seniorenzentrum Bundschuh in Untergrombach.
Beides sind Einrichtungen des AWO-Kreisverbands Karlsruhe-Land. Sie haben „im Dezember und Januar Masken-Lieferungen vom Land erhalten“, antwortet Geschäftsführer Ramiro Henze auf eine BNN-Anfrage. „Es wurden verschiedene Masken geliefert, deren einzelne Hersteller nicht erfasst und aufgezeichnet wurden. Inwieweit und ob durchlässige Masken seit Auslieferung im Umlauf waren, lässt sich nicht mehr nachprüfen.“ Allerdings: Im Bestand der AWO habe man noch etwa 14.000 Masken der Firma „Freshinq Air Technology Development Co. LTD“ gefunden.
Im Landtag wird die gescheiterte Verteilaktion des Sozialministeriums wohl am Donnerstag Thema werden. Denn SPD und FDP haben eine Sondersitzung des Sozialausschusses zur „Situation in den baden-württembergischen Pflegeheimen“ beantragt. Minister Manfred Lucha (Grüne) steht unter Druck und hat angekündigt, alle Pflegeheimbewohner mit neuen Masken zu versorgen.
Polizei verzichtet auf Schutzmasken des Sozialministeriums
Im CDU-geführte Landesinnenministerium setzt man unterdessen auf eigene Einkaufswege. „Unsere Polizisten werden nur noch mit Atemschutzmasken ausgestattet, die wir selbst beschafft haben“, sagt ein Ministeriumssprecher. „Masken des Sozialministeriums werden nicht mehr verwendet.“