Es hat schon Tradition: Spitzt sich die Corona-Lage zu, geraten die Stadt Pforzheim und das Land Baden-Württemberg aneinander. Diesmal ist man sich uneins beim Thema Weihnachtsmarkt. Während Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) sich eine „verbindliche Linie“ vom Land wünscht, betont man im zuständigen Sozialministerium von Manfred Lucha (Grüne) die „hoheitlichen Aufgaben der Kommunen“.
Darum geht es: Aufgrund der zuletzt stark angestiegenen Inzidenzzahlen und den vollen Intensivstationen in Pforzheim, erwägt die Stadt eine Absage des Budenzaubers, der eigentlich am kommenden Montag in der Pforzheimer City starten sollte.
Allerdings befürchtet man in der Stadtverwaltung nach BNN-Informationen Schadenersatzforderungen von den Anbietern auf dem Goldenen Weihnachtsmarkt und dem angeschlossenen Mittelaltermarkt.
Ministerium verweist auf kommunale Zuständigkeit
Auch vor diesem Hintergrund sind die abwägenden Aussagen von OB Boch und dem Ersten Bürgermeister Dirk Büscher (CDU) nach einer Krisensitzung des Verwaltungsstabs am Montag zu verstehen.
In einer offiziellen Mitteilung der Stadt Pforzheim heißt es: „Aus Sicht der Stadtverwaltung wäre eine klare, für alle Gemeinden und Städte geltende verbindliche Linie seitens des Landes zu begrüßen. Kaum vermittelbar seien sicherlich unterschiedliche Entscheidungen in den Städten und Gemeinden.“
In der Landesregierung sieht man das offenbar ganz anders. „Die rechtliche Möglichkeit zum Erlass lokaler Infektionsschutzmaßnahmen ist den Behörden unbenommen, betonten ein Sprecher von Minister Lucha auf Anfrage dieser Redaktion und verwies auf die Corona-Verordnung. „Es ist selbstverständlich auch hoheitliche Aufgabe der Kommunen, lageangepasst auf das Infektionsgeschehen und ihre lokalen Kapazitäten des Gesundheitssystems zu reagieren.“
Immer wieder Corona-Reibereien mit dem Land
Hierbei hätten die Behörden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren, dürfen insbesondere also nicht willkürlich handeln oder einzelne Rechtsgüter ohne sachlichen Grund über das gebotene Maß hinaus einschränken. „So haben die Behörden nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der Schausteller und Händler, sondern auch die Gesundheit der Gesamtbevölkerung bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen und ihre Entscheidung hinsichtlich der Weihnachtsmärkte danach auszurichten“, ergänzte der Sprecher.
Zum Thema Schadenersatz hieß es vom Ministerium lediglich: „Schadensersatzforderungen sind eine Frage des Zivilrechts und müssen von den Betroffenen eigenständig eingeklagt werden – da es sich hierbei um Einzelfallentscheidungen handelt, kann das Sozialministerium keine generelle Stellungnahme dazu abgeben.“
Zu öffentlichen Reibereien um Zuständigkeiten zwischen OB Boch und Vertretern des Sozialministerium war es in der Corona-Zeit immer wieder gekommen, etwa als Pforzheim vor rund einem Jahr als erster „Corona-Hotspot“ des Landes ausgewiesen wurde.
Eine Änderung der Situation könnte möglicherweise nach der für Donnerstag geplanten Ministerpräsidentenkonferenz eintreten. „Das Land wird die Ergebnisse der aktuellen bundesweit geführten Diskussionen und der anstehenden Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Grundlage kommender Regelungen machen“, räumte der Lucha-Sprecher ein. Für den Pforzheimer Weihnachtsmarkt dürfte es dann langsam knapp werden. Sei Tagen laufen die Aufbauarbeiten.
Absagen oder mit strengen Kontrollen laufen lassen? Die endgültige Entscheidung, könnte bereits an diesem Dienstagabend nach einer nicht-öffentlichen Sitzung des Pforzheimer Gemeinderates fallen.