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Überfüllte Bahnen

Das denken Fahrgäste in Ettlingen über das Ende des 9-Euro-Tickets

Manche sind gleichgültig, andere bedauern es, einer freut sich: Die Reaktionen auf das Ende des 9-Euro-Tickets am Ettlinger Stadtbahnhof sind unterschiedlich. Manche haben auch schon konkrete Ideen für eine Nachfolge.

Ein Neun-Euro-Ticket am Ettlinger Stadtbahnhof
Bald Geschichte: Nur noch bis Ende August gilt das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Nachfolgemodelle werden diskutiert – noch gibt es aber keinen Konsens. Foto: Julia Trauden

„Ich bin froh, dass es vorbei ist“, spricht ein älterer Fahrgast am Ettlinger Stadtbahnhof deutlich aus, was er vom 9-Euro-Ticket hält. Viel zu voll sei es in den Bahnen gewesen, vor allem vormittags. „Das war einfach zu viel.“ Nur noch bis einschließlich Mittwoch können Fahrgäste mit dem vergünstigten Ticket den öffentlichen Nahverkehr nutzen.

Mit seiner Freude über das Ende des Angebots ist der ältere Mann am Montagmorgen in Ettlingen eine Ausnahme. Viele der befragten Fahrgäste äußern Bedauern darüber, dass Bahnfahren nun wieder teurer wird – andere haben das Billigticket gar nicht so intensiv genutzt und sind weder erfreut noch traurig über den Wegfall.

Juliane Engelmann aus Ettlingenweier etwa hat sich die vergünstigte Fahrkarte nur für August besorgt, um in den Sommerferien mit ihren Kindern Leo und Laura Ausflüge zu unternehmen. Um zur Arbeit in Karlsruhe zu kommen, habe sie aber trotz 9-Euro-Ticket das Auto genutzt und werde das auch weiter tun.

Mit dem Auto ist es einfach bequemer.
Juliane Engelmann, Mutter aus Ettlingenweier

Nicht wegen des Zeitersparnis – mit dem Auto brauche sie 15 bis 20 Minuten bis in die Karlsruher Oststadt, mit Bus und Bahn seien es rund 30. Und auch die Taktung der Busse sei gut. Allerdings: Mit dem Auto „ist einfach bequemer“.

Auf eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets hatte indes Juana Juanagil-Casillas gehofft. Die gebürtige Spanierin pendelt täglich von Karlsbad-Spielberg nach Ettlingen, im Juni, Juli und August wurde ihr Abo automatisch in einen Sparfahrschein für neun Euro verwandelt.

Für den September muss sie sich nun wieder eine Monatskarte zum regulären Preis besorgen. Die kostet mit 90 Euro das Zehnfache. Aber die 61-Jährige hat keine Wahl. Auf die Bahn sei sie angewiesen, „ich habe keinen Führerschein“.

Volle Züge haben manchen Ettlinger abgeschreckt

Dass billigere Monatskarten in einzelnen Verkehrsverbünden der richtige Ansatz wären, um mehr Menschen zum Umsteigen auf die „Öffis“ zu bewegen, glaubt Florian Willhauck aus Karlsbad-Langensteinbach.

Die Idee des 9-Euro-Tickets sei gut gewesen, „weil es Anreize schafft“. Allerdings müsse ein solches Angebot auch auf Dauer finanzierbar sein.

Selbst hat sich Willhauck das 9-Euro-Ticket nur für August besorgt, um mit seiner Tochter Fine den Schulweg zu trainieren. Denn Fine kommt demnächst auf die weiterführende Schule in Ettlingen und fährt dorthin dann mit der Bahn.

Für einen Ausflug hat der Familienvater das 9-Euro-Ticket nur einmal genutzt und das hat ihn abgeschreckt: Früh morgens ging es mit dem Zug nach Stuttgart, „es war viel zu voll, von Anfang bis Ende“. Die ganze Fahrt habe er gestanden.

Vergünstigte Tickets für Rentner?

Nicht abgeschreckt haben Waltraud Ochs aus Völkersbach die Bilder und Geschichten von vollen Bahnen, die zum Start des 9-Euro-Tickets die Runde machten. Nach Freudenstadt und zur Gartenschau nach Eppingen ist die 76-Jährige mit dem Angebotsticket gefahren.

Die regulären Kosten für die Monatskarte seien mit 50 Euro „schon happig“, wirft ihre Freundin Gloria Seifert-Klein ein. Eine Vergünstigung für Rentner könnte sie sich als Dauerlösung vorstellen.

Eine Jahreskarte für 90 Euro, die im Nahverkehr deutschlandweit gilt, schlägt derweil ein anderer Fahrgast vor. Den Preis halte er für angemessen. Zu günstig dürfe es auch nicht sein, sagt er, denn dann kämen die Bahn und ihre Mitarbeiter, wie gesehen, an ihre Grenzen.

Im August war die Nachfrage wieder ganz enorm.
Aniko Giske, Verkäuferin am KVV-Schalter

Viele Nachfragen zu einer möglichen Nachfolge des 9-Euro-Tickets hat Aniko Giske am KVV-Schalter am Montagmorgen noch nicht erhalten. Die Menschen kauften wie üblich am Monatsende Abos für den nächsten Monat.

In den vergangenen drei Monaten hat Giske zahlreiche 9-Euro-Tickets verkauft. „Der Juni war richtig verkaufsstark, im Juli ist es dann richtig abgeflaut – vermutlich wegen der Urlaubszeit – und im August war die Nachfrage wieder ganz enorm“, zieht sie Bilanz.

KVV hat bis Ende Juni 315.000 der 9-Euro-Tickets verkauft

Im gesamten Bereich des KVV wurden bis Ende Juni rund 315.000 der 9-Euro-Tickets verkauft. Die etwa 95.000 bestehenden Monats-Abos wurden dabei fast vollständig in die Sparfahrscheine umgewandelt.

Die Gesamtzahl der verkauften 9-Euro-Tickets könnte im KVV-Bereich bei bis zu 800.000 Tickets liegen. Diese Zahl will man in Karlsruhe derzeit aber nicht bestätigen. Eine Schlussbilanz wolle man ab Mitte September ziehen, sagte ein Sprecher.

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