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Vorwurf: Sachverhalte falsch dargestellt

Geplanter Deponieausbau: Bürgerinitiative Gaggenau-Oberweier attackiert Umweltministerium

Mit dem Antwortschreiben aus Stuttgart zeigt sich die Bürgerinitiative Gaggenau-Oberweier, die sich gegen eine Erweiterung der Deponie stellt, ganz und gar nicht zufrieden. Am Sonntag findet eine weitere Kundgebung auf dem Sportplatz Oberweier statt.

Zwei junge Frau zeigen vor dem Landratsamt in Rastatt ein Plakat mit Fragen an den Abfallwirtschaftsbetrieb zum Thema Sickerwasser auf der Deponie Hintere Dollert
Protest geht weiter: Am 10. April wurde ein Fragenkatalog im Landratsamt abgegeben. Jetzt kritisiert die Bürgerinitiative Aussagen des Stuttgarter Umweltministeriums. Foto: Toni Böck

Die Bürgerinitiative (BI) Gaggenau-Oberweier ist alles andere als zufrieden mit der Antwort des Stuttgarter Umweltministeriums auf den von ihr eingereichten offenen Brief.

In einem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben heißt es unter anderem: „In Ihren Ausführungen vom 7. April 2021 wurden wesentliche Sachverhalte nicht richtig dargestellt, teilweise verharmlost oder ganz verschwiegen.“ Dann zitiert die BI zahlreiche Aussagen aus dem Schreiben des Ministeriums und stellt ihre Erwiderungen dagegen – wie sie es schon zuletzt in einem ersten Offenen Brief mit Aussagen des Landratsamtes Rastatt gehandhabt hat.

Die Initiative, die sich gegen eine Erweiterung der Deponie und gegen die Ablagerung von Abfällen mit PFC-Schadstoffen wendet, kündigt für diesen Sonntag eine weitere Kundgebung an: Beginn ist um 15 Uhr auf dem Sportplatz Oberweier; Einlass ist bereits ab 14 Uhr, auf die Einhaltung der Schutzvorschriften wird verwiesen. Angekündigt wird ein Live-Interview mit einem Deponie-Fachmann, weitere Details mochte die BI zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekanntgeben.

Bürgerinitiative Gaggenau-Oberweier fordert öffentlichen Dialog

Kritisiert wird jetzt auch eine öffentliche Aussage des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) Rastatt, wonach die offenen Fragen zum geplanten Deponieausbau in Oberweier beantwortet seien. Die BI sagt: „Eine weitere öffentliche Diskussion hält der AWB somit offensichtlich nicht mehr für notwendig. Dies sehen wir völlig anders.“ Die Bürger hätten das Recht auf einen transparenten und insbesondere öffentlichen Dialog. Die Initiative bietet dem Ministerium zudem ein „aufklärendes Fachgespräch“ an.

In dem jetzt vorgelegten offenen Brief zitiert die BI aus dem Stuttgarter Schreiben: „Da das Deponievolumen der einzig höherwertigen Deponie des Landkreises weitgehend aufgebraucht ist, muss im Interesse des Kreises und seiner Bürgerinnen und Bürger zeitnah neuer Deponieraum geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund und der landesweit zunehmenden Verknappung der Deponiekapazitäten sind die Überlegungen des Abfallwirtschaftsbetriebes des Landkreises Rastatt (AWB) grundsätzlich zu begrüßen, die Deponie Gaggenau-Oberweier zu erweitern.“

Die Initiative erwidert unter anderem, dass 2015 im Abfallwirtschaftskonzept des Landkreises Rastatt festgestellt worden sei, dass keine Erweiterung der Deponie Oberweier geplant sei; vor allem sei festgehalten worden, dass aufgrund einer Kooperation mit dem Enzkreis die Entsorgung bestimmter Abfälle langfristig gesichert sei.

Würden die Aussagen des Landkreises zutreffen, bestehe somit weder ein „Entsorgungsnotstand“ noch ein dringender Erweiterungsbedarf in Oberweier. Die Deponie Oberweier sei bereits seit 1999 fast vollständig verfüllt, die gesetzlich vorgeschriebene Einleitung der Stilllegungsphase sei bis heute unterlassen worden.

Diskussion über Machbarkeitsstudie für die Deponie

Nächster Punkt: Der AWB habe die Öffentlichkeit im Rahmen eines Pressetermins im Landratsamt am 6. Oktober 2020 über das Ergebnis der Machbarkeitsstudie für die Deponie Hintere Dollert informiert, schreibt das Ministerium. Dem setzt die BI entgegen: Schon der Titel der vorgelegten Machbarkeitsstudie („Projektentwicklung zum weiteren Betrieb der Deponie“) sei falsch und irreführend.

Es handle sich nicht um einen Weiterbetrieb, sondern um den Bau von zwei neuen „Deponien auf der Deponie“ mit allen damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen. Und: Bei einem positiven Ergebnis der Studie winke dem beauftragten Ingenieurbüro ein Planungsauftrag in Millionenhöhe, somit sei das Ergebnis der Machbarkeitsstudie vorprogrammiert.

Wörtlich heißt es: „Hätte man anstelle der Machbarkeitsstudie ein einfaches Standortsuchverfahren gemäß Deponieverordnung oder der Deponiebewirtschaftungsplanung der Landesanstalt für Umwelt durchgeführt, wäre die Diskussion um den Standort Oberweier heute schon beendet, da nach beiden Verfahren ein Deponieausbau gar nicht zulässig ist.“

Bürgerinitiative wirft Umweltministerium vor, Aussagen zu unterschlagen

Die Initiative wirft dem Ministerium auch vor, in seinem Antwortschreiben wichtige Aussagen zu unterschlagen. Etwa die, dass früher hunderte sogenannte „einfache Entsorgungsnachweise“ ausgestellt wurden, welche – entgegen dem Planfeststellungsbeschluss – die Ablagerung von gefährlichen Abfällen auch auf der Zentraldeponie zugelassen hätten.

Die BI verweist auf ihr vorliegende „einfache Entsorgungsnachweise“, die belegten, dass nach 1979 zumindest folgende gefährliche Abfälle in Oberweier entsorgt wurden: Sandfangrückstände, behandeltes Altholz, hoch belasteter Bodenaushub, mit Öl verunreinigter Boden, Kaminausbruch, teerhaltiger Straßenaufbruch, hoch belasteter Bauschutt, Altlacke, Altfarben, Ionenaustauscherharz, Graphitabfälle, Gummiabfälle, industrielle Schlämme aus der Abwasserreinigung, hochbelasteter Gipsschlamm, Strahlmittelrückstände, Asbestabfälle, mit Öl verunreinigter Bauschutt.

Die Zentraldeponie sei bereits 1994 nahezu vollständig verfüllt gewesen und hätte damals stillgelegt werden müssen, so die Initiative. Auch bei den Themenfeldern Altlasten, Standsicherheit, Sickerwasser und Transparenz kritisiert die BI Aussagen des Ministeriums, indem sie diesen ausführliche eigene Stellungnahmen entgegenstellt.

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