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Abwahl am 29. Februar

KSC-Krise um Martin Müller: Die Chronik der Eskalation

Der Krach beim KSC ist eine Führungskrise. Am 29. Februar 2024 ist Vizepräsident Martin Müller abgewählt worden. Wie konnte es so weit kommen?

Das Tischtuch beim KSC scheint zwischen Präsident Holger Siegmund-Schultze (links) und seinen Vizepräsidenten Günter Pilarsky (Mitte) und Martin Müller zerschnitten zu sein.
Das Tischtuch beim KSC zwischen Präsident Holger Siegmund-Schultze (links) und seinen Vizepräsidenten Günter Pilarsky (Mitte) und Martin Müller ist zerschnitten. Die Abwahl von Müller erfolgte am 29. Februar 2024. Foto: Markus Gilliar/GES/Montage: BNN

Die Mitglieder des KSC haben Vizepräsident Martin Müller aus dem Amt gewählt. Auf der online durchgeführten außerordentlichen Mitgliederversammlung am 29. Februar 2024 stimmten 1.640 der zugeschalteten Stimmberechtigten für eine Abwahl des Unternehmers. 1055 KSC-Mitglieder votierten dagegen.

Müller war vom Mitgliederrat, dem Aufsichtsgremium des Vereins, vereinsschädigendes Verhalten vorgeworfen worden. Er soll interne Informationen an die Medien weitergegeben haben. „Dass diese Veranstaltung kein Ruhmesblatt für den Verein ist, ich glaube, darüber sind sich alle einig“, sagte KSC-Präsident Holger Siegmund-Schultze zum Abschluss der über dreieinhalbstündigen Veranstaltung.

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Die Diskussion förderte die tiefen Gräben unter den Mitgliedern zutage. Sowohl Siegmund-Schultze als auch der andere Vizepräsident, Günter Pilarsky, betonten dabei, unabhängig vom Ausgang an ihren Ämtern festhalten zu wollen.

Entzündet hatte sich der Streit in den Führungsgremien der Badener an der Freistellung von Sportgeschäftsführer Oliver Kreuzer am 1. April vergangenen Jahres. Müller und Pilarsky hatten damals gegen die Freistellung votiert.

Doch nun von Beginn an – unsere Redaktion stellt die Chronik der Krise vor.

Sommer 2022: KSC-Aufsichtsrat ist in der Causa Oliver Kreuzer noch nicht zufrieden

Der Aufsichtsrat prüft Fragen der Compliance und die im Beirat der KSC GmbH & Co. KGaA getroffene Entscheidung, den Vertrag von Oliver Kreuzer beim KSC zu verlängern, wartet deshalb weiter auf Umsetzung.

Geprüft wird, ob Kreuzer mit den Vizepräsidenten Günter Pilarsky und Müller geschäftliche Beziehungen beziehungsweise Abhängigkeiten pflegt, die der damals geplanten Vertragsverlängerung mit ihm als Sportgeschäftsführer aus Gründen der Compliance nicht sinnvoll erscheinen lassen.

Mitglied des Aufsichtsrats und darin der Compliance-Beauftragte ist damals Christian Fischer, der im Herbst 2022 in den Beirat gewählt wird. Dort nimmt er den Sitz von Kreuzers Freund Michael Steidl ein.

Durch diese Veränderung verschiebt sich im Beirat die Mehrheit zu Ungunsten Kreuzers, mit dem zu diesem Zeitpunkt der Vertrag aber schon bis 2025 verlängert wurde.

Dezember 2022: Mitglieder des KSC-Sportkomitees werfen hin

Nach gut zwei Jahren haben Rolf Dohmen, Rainer Schütterle, Maik Franz und Rainer Scharinger genug davon, darauf zu warten, eingebunden zu werden.

Die ungefragt gebliebenen Berater Rainer Schütterle (von links), Rolf Dohmen, Rainer Scharinger und Maik Franz möchten ihre Namen nicht vom KSC-Beirat „instrumentalisieren“ lassen.
Die ungefragt gebliebenen Berater Rainer Schütterle (von links), Rolf Dohmen, Rainer Scharinger und Maik Franz möchten ihre Namen nicht vom KSC-Beirat „instrumentalisieren“ lassen. Foto: GES/Collage: BNN

Für die aus ihrer Sicht leblos gebliebene Einrichtung, für die sie vom Fußball-Zweitligisten angefragt worden waren, wollen sie ihre Namen nicht länger „instrumentalisieren“ lassen.

April 2023: KSC beendet die Ära Kreuzer und entlässt Sportgeschäftsführer per Mail

Der KSC-Beirat beschließt mehrheitlich eine strategische Neuausrichtung im sportlichen Bereich und entlässt Sportgeschäftsführer Oliver Kreuzer.

Wenige Tage nach der Entlassung nimmt die Task Force ihre Arbeit beim KSC auf. Neben Cheftrainer Christian Eichner gehören ihr außerdem sein Assistenztrainer Zlatan Bajramovic, Sebastian Freis, der Leiter der Scouting-Abteilung, Kaderplaner Necat Aygün und der kaufmännische Geschäftsführer Michael Becker an.

Die frühere „Task Force Sport“: KSC-Geschäftsführer Michael Becker (von links oben nach rechts unten), Cheftrainer Christian Eichner, Assistenztrainer Zlatan Bajramovic, Technischer Leiter Sport Necat Aygün, Scouting-Leiter Sebastian Freis, Technischer Leiter im NLZ Michael Bischof.
Die frühere „Task Force Sport“: KSC-Geschäftsführer Michael Becker (von links oben nach rechts unten), Cheftrainer Christian Eichner, Assistenztrainer Zlatan Bajramovic, Technischer Leiter Sport Necat Aygün, Scouting-Leiter Sebastian Freis, Technischer Leiter im NLZ Michael Bischof. Foto: Markus Gilliar/Helge Prang/Edith Geuppert/GES

Seither stehen die Geldgeber Pilarsky und Müller im Beirat in Opposition zu Kreuzers Gegnern, die mit KSC-Präsident Holger Siegmund-Schultze, Christian Fischer und Thomas H. Hock einen Block bilden.

Aber wie viel Geld von Pilarsky und Müller steckt eigentlich im KSC? Das wurde im Herbst 2022 bei der Mitgliederversammlung aufgefächert.

Ende September/Anfang Oktober 2023: Früherer KSC-Kaderplaner Necat Aygün packt aus

Necat Aygün ist bis September Technischer Leiter beim KSC und Mitglied der Task Force. Nach der Trennung spricht er mit unserer Redaktion über Transfer-Vetos und die Gründe, warum er den KSC seit der von einer Beiratsmehrheit um den Clubchef Holger Siegmund-Schultze ohne Anschlussplan vollzogenen Knall-auf-Fall-Trennung von Oliver Kreuzer ohne Not vom guten Weg weggezerrt sieht.

Mitte Oktober 2023: „Offener Brief“ des KSC sorgt für große Aufregung

Mit einem „Offenen Brief“ appellieren die Geschäftsführung, die Gremien des Vereins und die Organe der Kapitalgesellschaft an den Gemeinsinn aller Interessengruppen im und rund um den Club. 

Das Schreiben offenbart die Bruchstelle in der Führungsetage. Die Vizepräsidenten Martin Müller und Günter Pilarsky weigern sich, den Aufruf mit ihren Namen zu unterstützen. 

Clubchef Holger Siegmund-Schultze und seine Beiratskollegen Christian Fischer und Thomas H. Hock unterzeichnen den für die Fußballbranche ungewöhnlichen Aufruf.

Die Vizepräsidenten, Geldgeber und Aktionäre des Clubs sind bekanntermaßen in wesentlichen Punkten nicht damit einverstanden, wie ihre Kollegen im geschäftsführenden Organ die Sportstrategie mit ihrer Mehrheit gegen sie durchgesetzt haben.

Ende Oktober 2023: Vizepräsident Martin Müller holt nach Vorwürfen zum Rundumschlag aus

Die Supporters des KSC erheben in einer Mitteilung schwere Vorwürfe gegen Martin Müller. Der Vizepräsident soll vereinsinterne Informationen weitergeben und damit dem Verein Schaden zugefügt haben.

Für den Dachverband handelt es sich um eine Diskreditierung der Vereinsgremien. Die Supporters fordern Vizepräsidenten Müller auf, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Sollten diese nicht entkräftet werden, müsse in der kommenden Mitgliederversammlung Anfang Dezember die Vertrauensfrage durch die Mitglieder des Vereins gestellt werden.

Dieser Aufforderung ging Müller nach und setzte in einem Interview mit dieser Redaktion zum Rundumschlag in den eigenen Reihen des KSC an. Er entblößt die gewaltige Zerrüttung auf Führungsebene und wirft den Supporters vor, dass sie nicht unabhängig handeln.

Später gibt es eine Aussprache zwischen dem Fan-Dachverband und Müller, die als „kritisch, aber auch sehr konstruktiv“ beschrieben wird. Vor der Mitgliederversammlung des KSC am 4. Dezember möchten sich die beiden Lager nicht mehr erklären.

Ende November 2023: Abwahlanträge gegen Präsident und vier der fünf Beiräte – Ohrfeige für Martin Müller

Die Tagesordnung für die Mitgliederversammlung hat es in sich: Es gibt Abwahlanträge gegen den Präsidenten Holger Siegmund-Schultze sowie vier von fünf Beiräten.

Am 26. November kommt es im VIP-Raum des Wildparkstadions zu einer Handgreiflichkeit, als der Vorsitzende des KSC-Freundeskreises, Richard Einstmann, Vizepräsident Müller ohrfeigt. Einstmann tritt daraufhin zurück.

4. Dezember 2023: Mitgliederversammlung des KSC in Karlsruhe

Bei der Mitgliederversammlung am 4. Dezember haben die Mitglieder des KSC das Wort in der Führungskrise. Die BNN begleiten die Versammlung über sechs Stunden per Live-Ticker.

Die Abwahlanträge werden früh einkassiert, aber Vizepräsident Martin Müller bekommt einen Denkzettel: 435 der 963 mitstimmenden KSC-Mitglieder sind der Meinung, dass er sein Amt nicht ausschließlich im Sinne des Vereins wahrgenommen hat und versagen ihm die Entlastung.

5. Dezember 2023: Die Rechnung von Müller und Söhne

Die nicht erfolgte Entlastung wirkt nach: Einen Tag nach der Mitgliederversammlung versagt die Aktionärsversammlung mit dem Stimmenpotenzial von Martin Müllers GEM Ingenieursgesellschaft dem Aufsichtsrat, Kontrollorgan der KSC GmbH & Co KGaA, die Entlastung für das zurückliegende Geschäftsjahr.

„Die Nicht-Entlastung des Aufsichtsrats ist die Entscheidung einer einzelnen Person mit seinen Söhnen. Er hat das Recht dazu. Dem Verein hilft das aber natürlich nicht“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Grenke nach der Zusammenkunft.

Müller hatte es nach eigenem Bekunden seinen Söhnen Nicolai (34) und Felix (29) überlassen, die Gesellschafter und Prokuristen der GEM sind, das Stimmrecht für die Aktionärsgesellschaft wahrzunehmen. Er selbst habe sie nicht beeinflusst, behauptete Müller. „Unser Unternehmen hat fünf Millionen Euro beim KSC drin. Das ist kein Geschenk. Das sind Aktien. Wenn der KSC meint, im Vorbeigehen mal eine Million Euro zu verbrennen und ohne Anschlussplan einen Sportgeschäftsführer hinausschmeißt, da verstehe ich schon meine Söhne, dass sie sich fragen: Wo bleibt da der Aufsichtsrat?“

Viele Mitglieder des KSC wünschen sich indessen endlich Ruhe in ihrem Verein.

9. Dezember 2023: Aufsichtsrat fordert Müller zum Rücktritt auf

Der Aufsichtsrat des KSC hatte Müller im Dezember 2023 ausdrücklich zum Rücktritt aufgefordert. Der einstimmige Beschluss lautet: „Der Aufsichtsrat empfiehlt hiermit Martin Müller, vom Amt als Vizepräsident und somit Mitglied des Beirats zurückzutreten.

15. Dezember 2023: Sandrock wirft KSC-Führung Managementfehler vor

An seinem 67. Geburtstag lässt der frühere Geschäftsführer Helmut Sandrock mit einem gesalzenen Brief an den Aufsichtsrat des KSC aufhorchen.

Während des KSC-Heimspiels gegen Schalke 04 (3:0) am 22. Oktober war Helmut Sandrock auf der Tribüne von Beirat Beirat Christian Fischer und von den Vize-Präsidenten Günter Pilarsky und Martin Müller (rechts) eingerahmt.
Während des KSC-Heimspiels gegen Schalke 04 (3:0) am 22. Oktober 2023 war Helmut Sandrock auf der Tribüne von Beirat Beirat Christian Fischer und von den Vize-Präsidenten Günter Pilarsky und Martin Müller (rechts) eingerahmt. Foto: Markus Gilliar/GES

Die unbestellte Expertise von Sandrock lässt die KSC-Verantwortlichen schlecht dastehen.

17. Dezember 2023: Grenke möchte Müllers Entscheidung vor Weihnachten

Vor dem Jahresabschluss protestieren KSC-Fans im Wildparkstadion. Aufsichtsratsvorsitzender Grenke möchte Müllers Entscheidung vor Weihnachten.

Die Ultras bedenken den zum Rücktritt aufgeforderten Vize-Präsidenten Martin Müller beim Spiel des KSC gegen den SV Elversberg mit einer eindeutigen Grußbotschaft.
Die Ultras bedenken den zum Rücktritt aufgeforderten Vize-Präsidenten Martin Müller beim Spiel des KSC gegen den SV Elversberg mit einer eindeutigen Grußbotschaft. Foto: Michaela Anderer

Anfang Februar 2024: 29. Februar soll Müllers letzter Tag als KSC-Funktionär werden

Der KSC terminiert eine außerordentliche Mitgliederversammlung auf Ende Februar. Sie soll das Aus von Vizepräsident Müller besiegeln.

Einen freiwilligen Rücktritt hatte Müller zuvor an eine pikante Bedingung geknüpft.

Mitte Februar 2024: Abstimmung über Müller „rechtswidrig“?

Gegen die geplante Abstimmung zur Abwahl regt sich Widerstand. Doch entsprechende Anträge werden zurückgewiesen.

Ende Februar 2024: Grenke sieht KSC vor Showdown „kerngesund“

Am 29. Februar 2024 stimmen die Mitglieder des KSC über Vizepräsident Müller ab. Auch Aufsichtsratschef Grenke ist gespannt. Den KSC sieht er vor dem Showdown „kerngesund“.

Vor der Mitgliederversammlung diskutieren auch die Fans aus der Hardt kontrovers.

29. Februar 2024: KSC-Mitglieder wählen Martin Müller ab

Die Abberufung von Müller als Vizepräsident des KSC steht bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Donnerstag, 29. Februar 2024, erneut zur Wahl. 1.640 von 2.695 Mitgliedern sprachen sich gegen ihn aus. Das entspricht 60,85 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der Live-Ticker der BNN zum Nachlesen.

Diese Mitgliederversammlung wird nachwirken. Angesichts der Personalie Martin Müller konnte keiner in der Führungsetage gut aussehen.

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