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Investitionen in kritische Infrastruktur

Gaggenau, Rastatt, Karlsruhe, Baden-Baden: In der Region gab es zuletzt häufig Stromausfälle

Baden-Baden, Rastatt, Karlsruhe und zuletzt Gaggenau: Seit dem Sommer ist kaum eine Woche vergangen, in der es nicht zu Blackouts irgendwo in der Region kam. Wie wird das erst im Winter? Innenministerin Faeser (SPD) mahnt massive Investitionen in die kritische Infrastruktur an.

Ohne Strom wird es dunkel: Für den Ernstfall wie am vergangenen Sonntag in Rastatt, sollten sich die Menschen einen kleinen Notfallplan zurechtlegen. Eine batteriebetriebene Taschenlampe ist ebenfalls wichtig.
Ohne Strom wird es dunkel: Seit den Sommermonaten kam es in unserer Region sehr häufig zu Störungen bei der Elektrizitätsversorgung. Foto: Marwan Naamani/dpa

Das Licht geht plötzlich aus, Kühlschränke hören auf zu Brummen oder Ampeln quittieren ihren Dienst – Stromausfälle kennen die Bewohner unserer Region eher aus dem Urlaub. Wenn in der Türkei, in Griechenland, selbst in Italien oder Frankreich, mal für kurze Zeit kein Strom mehr durch die Leitung fließt, wundert man sich kaum. Aber hier bei uns?

Seit den Sommermonaten kommt es auch in unserer Region immer wieder zu massiven Stromausfällen. Gaggenau erwischte es am Wochenende. Kurz nach Mitternacht war die gesamte Stadt samt ihrer Stadtteile für mehrere Stunden dunkel.

Erst am Sonntagmorgen konnten alle Haushalte wieder mit Strom versorgt werden. Die Ursache für den Blackout war eine technische Störung in der Schaltanlage für den Mittelspannungsbereich.

Schon kurz bevor das Wochenende begonnen hatte, ging am späten Freitagnachmittag auch im Karlsruher Westen für rund 3.000 Haushalte das Licht aus. Laut der Stadtwerke hatte ein Kabelfehler zu einer Sicherheitsausschaltung geführt.

Defekte Erdkabel und Reparaturarbeiten als Gründe

Die Reihe lässt sich fortsetzen. Ende September war die Gemeinde Bühlertal an der Reihe, am selben Tag – dem 30. September – gingen auch in der Karlsruher Waldstadt die Lichter nach einem Fehler im Umspannwerk aus.

Wenige Tage zuvor hatte nördlich von Karlsruhe in den Gemeinden Eggenstein-Leopoldshafen und Blankenloch ein defektes Erdkabel zu einem Blackout geführt. Am 20. September war die Karlsruher Nordstadt betroffen und Anfang September der Stadtteil Rüppurr.

Der 18. September wird 50.000 Rastattern vermutlich noch lange in Erinnerung bleiben. Ein Brand im Umspannwerk hatte dort einen stundenlangen Ausfall der Elektrizität zur Folge gehabt.

Anfang August war der Regionalflughafen Baden-Airpark für kurze Zeit ohne Strom und Ende Juli legte ein Hauptfehler im Stromnetz die Innenstadt von Baden-Baden komplett lahm.

2021 war jeder Bundesbürger statistisch gesehen 12,7 Minuten ohne Strom

Auch wenn es sich vielleicht so anfühlt, Experten sehen in der Zahl der Stromausfälle bislang noch keine ungewöhnliche Häufung. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur war im Jahr 2021 jeder Baden-Württemberger im Schnitt für 12,68 Minuten ohne Strom. Das entspricht fast genau dem bundesdeutschen Durchschnitt von 12,7 Minuten.

Dennoch sorgen sich die Menschen im Land. Eine repräsentative Umfrage des Civey-Instituts ergab, dass eine Mehrheit von 53 Prozent der Bundesbürger in großer Sorge ist, dass es in diesem Winter zu Stromausfällen wegen der Energiekrise kommen könnte.

Einen flächendeckenden Stromausfall über längere Zeit schloss der Städtetag Baden-Württemberg in einem Interview mit dem SWR jüngst aus. Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetags wies jedoch darauf hin, dass mit regionalen Stromausfällen im Winter in den Kommunen durchaus zu rechnen sei. Durch die Gasknappheit würde die Situation noch unsicherer.

Bundesinnenministerin mahnt Investitionen bei der kritischen Infrastruktur an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat Betreiber von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur am Wochenende aufgefordert, mehr für die Sicherheit zu tun. Sie müssten „massiv investieren“, um Strukturen mehrfach aufzubauen und mehr Backup-Systeme vorzuhalten, sollten die Hauptsysteme ausfallen, sagte die SPD-Politikerin der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

„Die Betreiber müssen sich umfassend gegen Gefahren wie Naturkatastrophen, Terrorismus, Sabotage, aber auch menschliches Versagen wappnen“, mahnte die Ministerin auch in der „Süddeutschen Zeitung“.

Zur kritischen Infrastruktur zählen unter anderem Einrichtungen aus den Sektoren Energie, Verkehr, Wasser, Ernährung, Staat und Verwaltung, Gesundheit, Informationstechnik und Telekommunikation. Faeser bekräftigte, dass sie noch in diesem Jahr Eckpunkte für ein neues Kritis-Dachgesetz vorlegen will. Es soll festschreiben, wie sich Betreiber besser schützen und wann sie einen Vorfall melden müssen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat bekannt gegeben, dass in Deutschland mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine registriert wurden.
„Der Schutz unserer kritischen Infrastrukturen hat höchste Priorität“, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

„Der Schutz unserer kritischen Infrastrukturen hat höchste Priorität“, sagte Faeser. „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine markiert auch in der inneren Sicherheit eine Zeitenwende. Dafür wappnen wir uns.“

Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der auch Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist, kritisierte, in den vergangenen Jahren sei viel versäumt worden. Zentrale sicherheitspolitische Risiken seien über Jahre nicht als solche erkannt worden. Das räche sich jetzt.

Städtetag hält einen Blackout für realistisch

Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter, Stellvertreter in dem Gremium, rief die Bevölkerung auf, sich besser gegen Stromausfälle zu wappnen. Nicht allen sei „die Ernsthaftigkeit der Lage“ bewusst. Die Regierung müsse den Bürgern daher sagen: „Schafft euch Radios mit Batterien an, sorgt für einen Wasservorrat.“

Fordert einen Flüchtlingsgipfel mit Bund und Ländern: Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag.
„Ein Blackout ist ein realistisches Szenario“, sagt Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag. Foto: Britta Pedersen/dpa

Auch der Deutsche Städtetag forderte, die Bevölkerung stärker über die möglichen Folgen von Energieknappheit oder Sabotage zu informieren. „Ein Blackout ist ein realistisches Szenario“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Die Menschen seien bisher unerfahren mit Krisen und Katastrophen.

„Deshalb ist eine kontinuierliche, transparente und niedrigschwellige Aufklärung über mögliche Risiken wichtig.“ Eine funktionierende Notversorgung mit Wasser und Wärme sei nur über maximal 72 Stunden möglich, so Dedy. Der kommunale Katastrophenschutz könne mehrtägige Blackouts nicht allein bewältigen. Staatliche Stellen müssten dann über alle Ebenen hinweg zusammenarbeiten.

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